Die Brandkatastrophe im Kino

Bergedorfer Zeitung, 21. November 1921

Bergedorfer Zeitung, 21. November 1921,  Rubrik „Letzte Telegramme“

Das furchtbare Kino-Unglück in Harburg rief auch in Bergedorf und Sande große Besorgnis hervor.

Das Harburger „Weltkino“ entsprach nicht den Vorschriften, es gab nur einen einzigen Ausgang aus dem Saal, und als die hochentzündlichen Filme in Brand gerieten und den Saal verqualmten, brach unter den 300 jungen Besuchern Panik aus: elf von ihnen verloren ihr Leben, neun mussten ins Krankenhaus gebracht werden, wo das Leben eines Kindes nicht zu retten war. Die Verhaftungen des verantwortlichen Kino-Personals waren die Folge – eine Meldung über Verhaftungen verantwortlicher Angehöriger der Harburger Verwaltung gab es nicht.

Bergedorfer Zeitung, 25. November 1921

Wie aus einem weiteren Bericht hervorgeht, hatten die Betreiber alles getan, um den Saal zu füllen: Kinder wurden auf der Straße angelockt, wer nicht den vollen Eintrittspreis zahlen konnte, kam für weniger Geld hinein. Nicht alle Besucher erhielten Eintrittskarten – die BZ vermutete, dass so die „Kartensteuer“ hinterzogen werden sollte.

Konnte sich eine solche Katastrophe hier wiederholen? In Bergedorf gab es das „Union-Theater“, das „Hansa-Kino“ und in Sande das „Thalia-Theater“. Die beiden erstgenannten waren recht klein, während das Thalia über 400 Sitzplätze verfügte, wie Christian Römmer im Lichtwarkheft Nr. 76 (2015) auf S. 11 schreibt. Es war also noch deutlich größer als das Harburger Kino, und es fanden dort auch Schulvorführungen statt, hinter denen der Bergedorf-Sander Lichtspielausschuss stand, in dem „alle Vereine der Jugendbewegung“ vertreten waren (BZ vom 23. Januar 1920).

Bergedorfer Zeitung, 25. November 1921

Bergedorfer Zeitung, 25. November 1921 (Ausschnitt aus der Anzeige des Thalia-Theaters)

 

 

 

 

 

Dieser Ausschuss konnte die Eltern beruhigen: ein Filmbrand könne nicht auf den Zuschauerbereich übergreifen, es gebe sieben Ausgänge, Lehrer beaufsichtigten die Kinder, und der Saal könne in drei Minuten evakuiert werden. Und auch das Thalia-Theater selbst schrieb unter seine aktuelle Programmanzeige, dass alles vorschriftsmäßig, geprüft und sicher sei. Etwas misstrauisch stimmt zwar, dass nur sechs Ausgänge und nicht sieben genannt werden, aber eine Brandkatastrophe trat nicht ein.

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