Verkaufe Göpel – Suche Mädchen

BZ, 26. August 1921

BZ, 26. August 1921

Die beiden Anzeigen Wilhelm Bahns standen wahrscheinlich (hoffentlich!) nicht in einem Zusammenhang, auch wenn sie am selben Tag in der Zeitung erschienen.

Ein Göpel war eine Kraftmaschine, die Wilhelm Bahn nun verkaufen wollte – wahrscheinlich war es Zufall, dass er am selben Tag via BZ ein (Dienst-)Mädchen suchte, denn man kann sich kaum vorstellen, dass er den Göpel durch ein – wenn auch kräftiges – Mädchen ersetzen wollte.

Göpel wurden vielfach durch Pferde angetrieben und in der Landwirtschaft vor allem als Kraftquelle für Dreschkästen oder Dreschmaschinen eingesetzt – eine Abbildung des Freilichtmuseums Kiekeberg zeigt die Funktionsweise: je nach Größe des Göpels waren ein bis vier Pferde in der Weise angeschirrt, dass sie im Kreis laufend ein Räderwerk antrieben, das die Rotation auf eine Maschine übertrug, was für die Pferde stark belastend war, wie bei Wikipedia nachzulesen ist.

BZ, 20. Januar 1921

Für seinen Göpel hatte Bahn keine Verwendung mehr, denn das Landgebiet hatte ja Elektrizität erhalten – ein (Elektro-)Motor trat bei ihm an die Stelle von Muskelkraft. Das war auch bei anderen der Fall: im Anzeigenteil der BZ fanden sich 1921 vier Annoncen, die gebrauchte Göpel zum Verkauf stellten, dagegen nur eine, die solche suchte, und man darf vermuten, dass die in Bergedorf ansässige Landwirtschaftliche Maschinenzentrale diese in ländliche Gegenden ohne Elektrizität „exportieren“ wollte.

BZ, 14. Dezember 1920

Bemerkenswert ist eine Anzeige aus Allermöhe, die nicht nur den Grund des Verkaufs, die Motorisierung, nannte, sondern einen „Bergedorfer Göpel“ anbot. Damit meinte er sicher ein Produkt des Bergedorfer Eisenwerks: der Unternehmensgründer Wilhelm Bergner war mit der Produktion landwirtschaftlicher Maschinen gestartet und stellte u.a. „Göpel- oder Rosswerke“ (für bis zu acht Pferde) und Dreschmaschinen her (Bergedorfer Industrie Band I, S. 21ff., mit Abbildungen, auch eines Hundegöpels), gab diesen Produktionszweig aber 1901 auf (ebd., S. 42). Wie „gut erhalten“ mag der Göpel des Allermöher Bauern nach also (mindestens) zwanzig Jahren noch gewesen sein?

Hinweis: ein Relikt der Göpel-Zeit steht noch am Curslacker Deich: eine überdachte Göpel-Anlage von 1848, noch im 19. Jahrhundert zum Wohnhaus umgebaut, im 20. Jahrhundert restauriert und mit Dachgauben versehen, wie auf ochsenwerder.de zu lesen und zu sehen ist.

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