Das Badeverbot

Bergedorfer Zeitung, 27. Juni 1921

Man kann nur spekulieren, was die Landherrenschaft Bergedorf veranlasste, dieses Badeverbot auszusprechen: es war wohl keine Reaktion auf Badeunfälle, über die die BZ sicher berichtet hätte. Es kann auch keine neue Rechtsgrundlage gewesen sein, sonst wäre diese in der Bekanntmachung zu nennen gewesen, nicht die von 1896. Sollte etwa der Magistrat von Bergedorf das Verbot betrieben haben, um die „Wildbader“ in die (kostenpflichtige) Badeanstalt weiter billeaufwärts zu treiben? Auch das scheint eher unwahrscheinlich. Oder waren es die Fischereipächter, die sich beeinträchtigt sahen?

Weitere Gründe scheinen möglich: in dem unteren Bereich, d.h. im Schleusengraben und am Schiffwasser, herrschte reger Schiffsverkehr, der Badende hätte gefährden können – oberhalb der Brücke an der Holstenstraße waren dagegen nur Ruder- und Paddelboote auf dem Wasser, die keine besondere Gefahr für Schwimmer darstellten. Das Baden im Mühlenbecken an der Kornwassermühle war wegen der Strömungsverhältnisse dort mit Risiken verbunden, die man nun ausschließen wollte.

Am wahrscheinlichsten sind hygienische Gründe. „Traditionell“ waren die Abwässer der Bergedorfer Haushalte ungeklärt in Bille, Schiffwasser und Schleusengraben geflossen, doch die Zeiten waren längst vorbei: bereits Ende des 19. Jahrhunderts war mit dem Bau einer Abwasser-Kanalisation begonnen worden und noch vor dem Krieg hatte man eine biologische Kläranlage in Betrieb nehmen können (siehe hierzu Oliver Barghorn-Schmidt (S. 143-172)). Die Nachbargemeinde Sande hingegen hatte nach wie vor kein Klärwerk, nicht einmal Kanalisation, und „entsorgte“ weiter per Einleitung in die Bille, wogegen in einer Versammlung der Kommunalvereine von Bergedorf und Umgegend Protest erhoben wurde. Ein Hamburger Behördenvertreter nahm Stellung: „Solange [Sande] die Mittel zur Kanalisation fehlten, werde man sich mit den Mißständen abfinden müssen.“ (BZ vom 16. Dezember)

Man musste sich noch mehr als ein Jahrzehnt gedulden – erst 1931 wurde vertraglich vereinbart, dass Sande ein Abwassersiel erhalten sollte, das an das Bergedorfer Klärwerk anzuschließen war (vgl. Wasser für Sande, S. 39-42). Ob und wann das Badeverbot aufgehoben wurde, ist hier nicht bekannt.

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