Des einen Freud, des anderen Leid: die Neuregelung des Pachtschutzes für landwirtschaftliche Flächen werden die Pächter mit Erleichterung aufgenommen haben, die Verpächter sicher nicht: Kündigungen wurden wesentlich erschwert und die Pachtpreise geregelt – endlich (!), denn die reichsrechtliche Grundlage dafür war schon im Juni 1920 geschaffen worden.
Viele kleine Gemüsebau- und Blumenbetriebe in den Vierlanden wie in den Marschlanden waren darauf angewiesen, Land hinzuzupachten, weil das eigene Grundstück nicht ausreichte, die Familie zu ernähren. Nach dem Ende des Krieges jedoch hatten viele Bauern solche Flächen gekündigt, entweder weil sie selbst darauf wirtschaften oder weil sie einen höheren Pachtzins durchsetzen wollten.
Die Auseinandersetzung hatten bald nach Kriegsende begonnen: in allen Vierländer Gemeinden wurden „Landmieter-Vereine“ gegründet, die die Interessen der Pächter vertreten wollten (siehe z.B. BZ vom 1. November 1919). Erster Konfliktpunkt war die Kurzfristigkeit der Kündigungen, denn bodenverbessernde und damit ertragssteigernde Maßnahmen erforderten viel Arbeit und auch Geld, z.B. das Aufbringen von Sand, um den schweren Marschboden aufzulockern. Auch die Düngung war ein wichtiger Faktor: Johann Schulz, der Vorsitzende des Landmieter-Vereins von Kirchwärder, erklärte in einer Versammlung in Ochsenwärder, er halte „die Kündigungsfrist von 15 Monaten als gänzlich unannehmbar, da in dieser Zeit der Wert des Düngers nicht herausgeholt werden kann.“ (BZ vom 8. Oktober 1920)
Zweiter Konfliktpunkt, der 1920 an Schärfe zunahm, war die Höhe der Pacht: die Meldung aus Ochsenwärder, dass eine „Flage“, also ein Stück Land, für 1.200 Mark statt bisher 16 Mark verpachtet wurde (BZ vom 28. Mai 1920), betraf wohl einen Einzelfall, aber bereits 1919 waren die Pachtpreise kräftig gestiegen, 1920 wurde noch mehr gefordert: der Vorkriegspreis hatte bei 40 bis 60 Pfennig pro Quadratrute, d.h. 16 qm, gelegen – für 1921 wurden 1,20 bis 2 Mark pro Quadratrute verlangt. Seitens der Verpächter wurde dies mit der Inflation begründet: die Pächter hätten ja auch höhere Erträge (Sprechsaal-Beiträge, BZ vom 25. und 27. Oktober sowie 5. November 1920). Ende 1920 erklärte die „Landwirtschaftliche Vereinigung von Vierlanden und Umgegend“, dass sie den Pachtpreis auf 1,20 bis 1,60 Mark „festgesetzt“ habe (BZ vom 15. Dezember 1920).
Das konnte aber letztlich nicht durchgedrückt werden: die Landherrenschaften griffen obrigkeitlich ein und setzten die Obergrenze auf 7 Pfennig für den Quadratmeter, d.h. 1,12 Mark pro Quadratrute fest. Ob es für die Stadt Bergedorf eine andere Regelung gab, war der Zeitung nicht zu entnehmen; für Geesthacht wurde laut redaktioneller Meldung vom 29. Juli 1921 festgelegt: „1. ordnungsmäßig frisch gedüngtes und gepflügtes Land, auf dem nach der Düngung noch keine Vorfrucht oder Saat gewachsen ist, 6 M für die Quadratrute; 2. ungedüngtes gepflügtes Land, auf dem bereits eine Vorfrucht oder Saat gewachsen ist, 1,50 M für die Quadratrute.“ Selbst wenn man hier die Hamburger Geestrute zugrundelegt (21,02 Quadratmeter für die Quadratrute, siehe den Beitrag Langlebige Ruten), bleibt die Differenz zu den Marschgebieten unerklärlich.