Früher Frauenfußball in Bergedorf?

BZ, 3. Mai 1920

Das war 1920 eine echte Neuerung im Angebot von „Spiel und Sport“ Bergedorf: Sonntags gab es Fußball auch für Damen und Mädchen (ob am frühen Morgen oder am Abend, ist unklar). Das überrascht durchaus, denn Vorbehalte gegen (leistungs)sportliche Betätigung von Frauen hatten bei großen Teilen der männlichen Bevölkerung die Revolution unbeschadet überstanden: Sport beeinträchtige die Gebärfähigkeit – das war laut Eduard Hoffmann und Jürgen Nendza (S. 15-18) einer der Haupteinwände, und überhaupt sei Fußball ein männlicher Kampfsport, der dem weiblichen Wesen widerspreche. Nicht nur in bürgerlichen Kreisen war diese Haltung verbreitet, sondern auch im Arbeiter-Turn- und Sportbund.

Auf einer Internetseite zur Geschichte des Frauenfußballs findet man ein Zitat, welchem vor hundert Jahren viele Männer sicher beigepflichtet hätten: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“ Allein, das Zitat ist von 1955 und gibt die damalige offizielle Linie des Deutschen Fußballbundes wieder, der seinen Vereinen den Frauenfußball schlicht untersagte.

Das konnte die fußballfreudigen Frauen nicht vom Kicken abhalten, aber eben außerhalb des DFB und mit z. T. abweichenden Regeln, so Rainer Hennies und Daniel Meuren (S. 17). Nach welchen Regeln die SuS-Damen und -Mädchen 1920 spielten, ist unbekannt; möglicherweise praktizierten sie eine deutlich schlichtere Sportart, wie Hoffmann und Nendza (a.a.O., S. 14) schreiben: „Um 1900 gibt es Hinweise auf eine ‚brave Variante‘ des Fußballspiels, eine Art Kreisfußballspiel, das von Frauen ausgeübt wird.“

Möglicherweise wurde 1920 auch in Geesthacht Damenfußball gespielt – in einem Bericht über den  TV Gut Heil von 1885 ist im Zusammenhang mit Herrenfußball von „Damen- und Kindermannschaften“ die Rede, was sich eventuell aber auf andere Ballsportarten bezieht (BZ vom 26. Januar). Doch wenn Gut Heil ein Damenteam hatte, dann hatten die Bergedorferinnen zumindest ein anderes Team, mit dem sie sich messen konnten. Der von den Sportvereinen detailliert beschickten Berichterstattung der BZ über durchgeführte Spiele war allerdings nicht der kleinste Hinweis auf Frauenfußball zu entnehmen.

Auch der DFB ist klüger geworden: 1970 ließ er Frauenfußballspiele unter seiner Ägide zu, und seit 1993 gelten für Frauen wie für Männer die gleichen Spielregeln (Hennies und Meuren, a.a.O., S. 21).

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