Mehr Bildung für alle fähigen Mädchen!

Bergedorfer Zeitung, 21. Februar 1920

Höhere Bildung gab es für Mädchen in Bergedorf nur am privaten Lyzeum Luisenschule (Schulgeld 100 bis 110 Mark pro Quartal, je nach Klassenstufe) und an der ebenfalls privaten Elisabethschule (Schulgeld 66 bis 81 Mark pro Quartal). Das wollten die politisch Verantwortlichen in Bergedorf nun ändern. Die Debatte angestoßen hatte die DDP-Bürgervertreterin (Clementine) Dernehl, die in einem Antrag gefordert hatte, dass die beiden privaten Einrichtungen „auf den Staat übernommen werden“ (BZ vom 24. Januar und 14. Februar 1920).

So fiele es manchen Eltern leichter, ihre Töchter dorthin zu geben, denn in der Stadt Hamburg waren für die (beiden übervollen) staatlichen Lyzeen nur 36 Mark im Quartal zu bezahlen, wie der Lehrer und DDP-Bürgervertreter Leonhardt vor dem Bergedorfer Lehrerverein erklärte (BZ vom 21. Februar 1920). Da ab dem (Ostern beginnenden) Schuljahr 1920 in ganz Hamburg „aus allen Volksschulen die fähigen Schüler und Schülerinnen den Quinten der höheren Knabenschulen und den gleichliegenden Klassen der Lyzeen zugeführt werden“ sollten (BZ vom 24. Januar 1920), war mit verstärktem Andrang zu rechnen.

Nach Angaben des Schulleiters Wesch von der Mädchenschule am Birkenhain gab es am Ort 25 Mädchen, die nach der vierjährigen Grundschule geeignet waren, zu Ostern auf eine höhere Bildungsanstalt zu wechseln, und er forderte „ein vollwertiges Lyzeum“ (BZ vom 12. März 1920).

Die Stadtvertretung beschloss einen Kompromiss: sie votierte für die Schaffung eines „lyzeumsartigen Unterrichts“ ab dem neuen Schuljahr. Auch forderte sie generell die Einrichtung eines staatlichen Lyzeums in Bergedorf, womit die Verstaatlichungsfrage ungeklärt blieb.

Hamburgs Senat und Bürgerschaft zeigten sich etwas zögerlich: die Entscheidung über ein staatliches Lyzeum in Bergedorf solle zurückgestellt werden, aber eine Lyzealklasse solle im Mai den Unterricht aufnehmen, und das Schulgeld sollte den Hamburger Sätzen entsprechen (Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft 1920, S. 623f. und 668). Die Bergedorfer werden zufrieden gewesen sein: der Anfang war gemacht, Mädchen bekamen bessere Bildungschancen, und aufgrund von „Freistellen“ (BZ vom 12. März 1920) mussten nicht alle dafür bezahlen.

Die Lyzealklasse wurde übrigens an der Mädchenschule Brauerstraße eingerichtet – die von der Stadtvertretung ins Auge gefasste Hansa-Schule hatte angesichts stark steigender Schülerzahlen (1918: 691, 1919: 710, 1920: 723, BZ vom 13. Mai 1919 und 22. April 1920) keine Raumkapazitäten für eine weitere Klasse.

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