Am Wochenende war eigentlich immer etwas los bei Bahlmann auf dem Zollenspieker, manchmal (wie an diesem Sonntag) mit Musik – die Hauptattraktion für Sonntagstouristen werden aber die anderen Angebote gewesen sein: Mittagessen (etwa ohne Marken?), Kaffee (vermutlich nur Ersatzkaffee), vier verschiedene Torten und selbstgebackener Kuchen. Nach Mangel an Nahrungsmitteln sah das nicht aus.
Doch das war nur die eine Seite der Wahrheit, die schwarzmarktgefütterte. Die offiziellen Rationen blieben so knapp, dass sich die BZ wieder einmal bemüßigt fühlte, einen Vorschlag zur Butterstreckung abzudrucken (siehe hierzu auch den Beitrag Szenen beim Butterverkauf) – bei einer Butterration von 30 Gramm pro Woche (Pfund 4 Mark) und 40 Gramm Margarine (Pfund 2 Mark) konnte man durch Hinzufügen von Wasser eine „Volumvergrößerung“ erreichen, sogar mit Zusatznutzen: „Dem Gaumen wird durch den Genuß der Butteremulsion (Buttercreme) ein angenehmer Kitzel bereitet, während der Magen von dem Betruge nichts merkt.“ Zweifel sind da angebracht.
Küchenabfälle können durchaus als Wohlstands-, wenn nicht gar als Verschwendungsindikator gelten, wie eine kürzlich im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erstellte Studie zeigt: danach „produzierte“ jeder Haushalt 2016/17 knapp 48 kg „vermeidbare“ und 56,2 kg „nicht verwertbare Lebensmittelabfälle“ (S. 10ff.).
Hatte der Bergedorfer Frauenverein 1915 noch dazu aufgerufen, Küchenabfälle für die Tierfütterung zu sammeln (siehe den Beitrag Abfallwirtschaft), so stellte sich die Lage 1918 anders dar: vermeidbare Küchenabfälle gab es kaum noch, und der Rest (z.B. Erbsen- und Bohnenschoten, die äußersten Kohlblätter) war so nährstoffarm, dass er nur als „Beifutter und nur als solches in Verbindung mit anderem Futter den Tieren gereicht werden kann.“ Dass Brot- und Fleischreste im Abfall fehlten, kann niemanden überraschen – Brot und Fleisch hatten keine Chance, liegengelassen zu werden. Und auch Bahlmanns Torten werden bis auf den letzten Krümel verzehrt worden sein.