Die Versorgung der Kriegsgefangenen

Bergedorfer Zeitung, 31. Oktober 1917

Es ist schon merkwürdig, wenn eine auf den  30. Oktober datierte Bekanntmachung erst am 31. publiziert wird und dabei schon seit dem 29. gelten soll. Vielleicht war der Hamburger Senat selbst davon überrascht worden, dass „Lebensmittel für die Kriegsgefangenen in Zukunft von der Militärverwaltung zur Verfügung gestellt“ werden sollten.

Man darf vermuten, dass dies gleichbedeutend war mit einer Kürzung der Rationen für die Kriegsgefangenen, aber die pauschalen Angaben „Krämerwaren, Kaffee und Tee sowie Fett“ ermöglichen keinen Vergleich mit der Zivilbevölkerung, wobei man sicher sein kann, dass es sich nur um Ersatzkaffee und „deutschen Tee“ aus deutschen Kräutern handelte.

Dass die Waren nur aus einem Geschäft in Bergedorf und je zweien in den Vierlanden und den Marschlanden zu beziehen waren, war für die liefernde Militärverwaltung sicher einfacher als wenn sie die Vielzahl der damals existierenden Kleinhändler hätte ausstatten müssen – für die Empfänger bedeutete dies angesichts der Verkehrsmittel und -infrastruktur einen erheblichen Mehraufwand.

Die Regelung betraf die „in der Landwirtschaft beschäftigten Kriegsgefangenen“, und da Landwirtschaft im Krieg in aller Regel die Nahrungsmittelproduktion als Gegenstand hatte, könnten die Auswirkungen nicht allzu schlimm gewesen sein, denn die Haushalte der „Selbstversorger“ waren nicht in vollem Umfang ablieferungspflichtig und hatten damit auch legal mehr Nahrungsmittel zur Verfügung, wovon die Gefangenen hoffentlich etwas abbekamen.

Bergedorfer Zeitung, 3. Februar 1917

Diese Vorschrift war übrigens bereits die dritte des Jahres, die nur Kriegsgefangene betraf: schon im Februar war angeordnet worden, dass an sie keine Zahlungen in Gold- oder größeren Silbermünzen geleistet werden durften, woraus ja folgt, dass sie „Lohn“ erhielten, wie die BZ auch am 27. April 1917 schrieb. Zur Lohnhöhe gab es in der BZ nur einmal eine Meldung, nach der Kriegsgefangene in Wentorf einen Mindestlohn von 1,80 Mark pro Woche erhielten, maximal 3 Mark (BZ vom 9. Juni 1915). Mehr als ein Taschengeld war das bestimmt nicht. Immerhin sollte die Ausbeutung auf sechs Tage in der Woche beschränkt sein: am 15. Oktober 1917 berichtete die Zeitung, dass die Landherrenschaften darauf aufmerksam machten, dass für Sonn- und Festtagsarbeit eine „entsprechende Ruhezeit“ in der Woche gewährt werden müsse. Ob das kontrolliert wurde?

Dieser Beitrag wurde unter Bergedorf 1917 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert