50 Jahre katholische Gemeinde in Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 22. September 1917

Über die (Bau-)Geschichte der katholischen Gemeinde Bergedorfs wurde bereits in dem Beitrag Die Kirche St. Marien berichtet, und der Zeitungsartikel hier bestätigt den 30. Juni 1867 als Datum des ersten nachreformatorischen katholischen Gottesdienstes in Bergedorf. Die BZ druckte nicht nur diesen Vorbericht zu den Feierlichkeiten, sondern auch einen ausführlichen Nachbericht, in dem die Festreden (teils mit, teils ohne Bezug auf den Krieg) mit jeweils wenigen Sätzen angeführt wurden (BZ vom 24. September 1917).

Fast wäre es nicht zu diesem Bergedorfer Jubiläum gekommen, wie Hans Kellinghusen in seiner „Geschichte der katholischen Gemeinde in Bergedorf 1867 – 1917“ schrieb (S. 2 – 4): der Missionsvikar Heinrich Merten hatte Gottesdiensträume in Sande angemietet, doch auf der Grundlage eines noch gültigen dänischen Gesetzes wurde vom Amt Reinbek die Abhaltung eines katholischen Gottesdiensts dort untersagt, und Merten wich nach Bergedorf aus. Auch hier gab es anfangs Probleme: die Bürgervertretung war nicht begeistert von dem Vorhaben und verweigerte ihre Zustimmung zur Nutzung eines Raums der Stadtschule für den Gottesdienst, doch der beiderstädtische Amtsverwalter Daniel Theodor Kaufmann überließ dem Geistlichen (mit Zustimmung der Visitationskonvents der beiden Städte) den großen Saal im Schloss. Als einen Monat später der König von Preußen die Erlaubnis zur Abhaltung von katholischen Gottesdiensten in Sande gab, war es offenbar zu spät, um die Entwicklung zugunsten Bergedorfs noch umkehren zu können.

Das Wachstum der Gemeinde  von „kaum 50“ auf „etwa 1.800 Seelen“ in ihren ersten fünfzig Jahren war sehr beachtlich; die Statistik des hamburgischen Staates nannte allerdings niedrigere Werte: bei den Volkszählungen 1905 (Heft XXIV) und 1925 (Heft XXXII) hatten sich in der Stadt Bergedorf 880 bzw. 1.189 Personen zum römisch-katholischen Glauben bekannt, in der gesamten Landherrenschaft 1.061 bzw. 1.406; 1915 wurde die Konfession entweder nicht erhoben oder nicht publiziert. Die Differenzen der Zahlen dürften durch Bewohner Sandes zu erklären sein.

Zur Gemeinde zählte nicht nur das Waisenhaus St. Elisabeth, das mit 270 Kindern belegt war (BZ vom 24. September 1917) mit seiner „Hausschule“, die auch von Kindern aus Bergedorf und Sande besucht wurde (Kellinghusen, a.a.O., S. 10) – es gab auch ein reges Vereinsleben: ein Männerverein veranstaltete (im „Lauenburger Hof“) regelmäßige Vortragsabende und Vereinsfeste. Ein Elisabethverein (Frauen) und ein Vinzenzverein (Männer) unterstützten die Armen, für Schulentlassene gab es (seit 1908) eine Marianische Jungfrauenkongregation und (seit 1912) einen Jünglingsverein, über deren Aktivitäten in der Bergedorfer Zeitung nichts zu finden war. Man kann vermuten, dass all diese Vereine versuchten, durch christliche Sozialarbeit die staatliche/städtische Passivität auf diesem Gebiet zumindest teilweise zu kompensieren.

Bergedorfer Zeitung, 1. Dezember 1917

Aber wer Fürsorge betreibt, sollte auch die Vorsorge in ganz irdischen Angelegenheiten nicht vernachlässigen: zwei Gerichtsinstanzen und das Reichsgericht als Revisionsinstanz verurteilten die Gemeinde bzw. den Kirchenvorstand zu einer Schadenersatzzahlung an eine Gottesdienstbesucherin, die in der Nebensakristei in die geöffnete Luke zum Heizungskeller gestürzt war. Der Pastor konnte erleichtert klarstellen, dass die Gemeinde versichert war und die Versicherung den Prozess geführt hatte (BZ vom 3. Dezember 1918) – zumindest in dieser Hinsicht war man vorsorglich aktiv geworden und brauchte sich keinem Vorwurf auszusetzen.

Übrigens: Das am Anfang des Zeitungsartikels oben genannte Jahr 1542 als Jahr der Reformation in Bergedorf ist korrekt. Warum sie im Amt Bergedorf erst vierzehn Jahre später als in Hamburg eingeführt wurde, beschreibt Bardo Metzger in dem Buch Kirche zwischen Dorf und Stadt (S. 36 – 53).

 

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