Gans schön teuer

Bergedorfer Zeitung, 30. Juni 1917

Bergedorfer Zeitung, 30. Juni 1917

 

 

 

 

Nun brachten die Züchter ihre jungen Gänse auf den Markt, damit die Käufer sie in den folgenden Monaten bis zum Martinstag nach Belieben oder nach zur Verfügung stehendem Futter mästeten. Der Händler W. Heinsen nannte für seine „gesunden Tiere“ keinen Preis; Otto Meyen betrieb die Gänsezucht bzw. den Handel im Nebenberuf, denn im Bergedorfer Adressbuch 1915 ist er mit der Angabe „Schneider“ eingetragen. Er wollte gleich sechs junge Gänse auf einen Streich für 150 M verkaufen, also zu einem rechnerischen Einzelpreis von 25 M.

Da lohnt ein Blick zurück auf 1916: laut BZ vom 31. August 1916 wollte die Gemeinde Sande polnische Gänse zu einem Preis von 11 bis 12 M beschaffen und dazu auch Futter verkaufen, doch zunächst wurde die Aktion durch die „Geflügelcholera“ (nicht zu verwechseln mit der Vogelgrippe oder Geflügelpest) gestoppt, die die Einfuhr verzögerte, dann mussten die Preise um eine bis drei Mark erhöht werden, und letztlich scheiterte das Vorhaben (siehe BZ vom 16. September, 12. Oktober und 13. Dezember 1916), vermutlich am Preis, denn für schlachtreife Gänse wurden im letzten Quartal zwischen 30 und 37 Mark gefordert (siehe BZ vom 24. Oktober und 13. Dezember 1916). Wenn 1917 schon die Jungvögel so teuer waren, ließ das für ausgewachsene gemästete Gänse einen nochmals weit höheren Preis erwarten, was auch eintrat: eine in Kirchwärder gestohlene Gans soll einen Wert von 55 bis 60 M gehabt haben (siehe BZ vom 24. August 1917).

Bergedorfer Zeitung, 9. Juli 1917

Doch das wollte das Reich verhindern und legte – vermutlich nach Erhebungen über die durchschnittliche Gewichtszunahme von Gänsen pro Monat – steigende Höchstpreise fest; bei geschlachteten Gänsen richteten sich die Höchstpreise nach dem Gewicht. Die Höchstpreise schonten allerdings nur die Geldbörsen der Besserverdienenden; für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen blieb eine Gans unerschwinglich – sie erhielten lediglich eine Fleischzulagekarte, die die Wochenration von 250 Gramm (mit Knochen) verdoppelte und auf die ein ermäßigter Preis von einer Mark pro Pfund Rind- oder Schweinefleisch zu zahlen war (Angaben für Sande, wo der „in Bergedorf festgesetzte Preis“ galt, siehe BZ vom 18. und 19. April sowie 21. Mai 1917).

 

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