Geesthacht: die Vormittagssitzung der Gemeindevertretung

Bergedorfer Zeitung, 26. Februar 1917

Der Gasmangel (siehe den Beitrag Kein Gas …) traf Geesthacht noch härter als Bergedorf, denn hier gab es noch keine Elektrizität, und da die Gemeindevertretung nicht bei Kerzenschein sitzen wollte, musste das Treffen im Gemeindeamt eben auf den Vormittag verlegt werden. So nutzte man das Tageslicht zur Abarbeitung der vom Krieg geprägten Tagesordnung, die unter anderem die Umwidmung eines Klassenzimmers der Knabenschule zum Lebensmittellager beinhaltete.

Die Angebotskonditionen der im Februar eröffneten Kriegsküche (siehe den Beitrag Von der Kriegsküche zur Volksküche) entsprachen im Grundsatz denen in Bergedorf, wobei in Bergedorf die „Kriegerfamilien“ das Essen zum halben Preis erhielten – ob dies in Geesthacht genauso geregelt war, war der Zeitung nicht zu entnehmen, in der nur von einem Preisnachlass für „nachweislich Bedürftige“ berichtet wurde.

Auf geringere Resonanz als die Kriegsküche stieß die ebenfalls im Februar eröffnete Kinderkrippe, und dies lag offenbar nicht nur an der Regelung zur Abgabe der Lebensmittelkarten, denn Monate später war die Zahl der Krippenkinder auf gerade 30 gestiegen, was deutlich unter den Erwartungen der Gemeinde und der Sponsoren Pulverfabrik und Dynamitwerke lag (siehe BZ vom 7. Februar und 21. Juni 1917).

Dass für die Mitarbeiter der Gemeinde Teuerungszulagen bewilligt wurden, wird diese sicher erfreut haben. Wie wichtig die Aufgabe der Lebensmittelversorgung war, wird daraus deutlich, dass dem dafür zuständigen Beamten ein Jahresgehalt von 3.000 Mark gezahlt werden sollte – immerhin so viel wie dem Gemeindevorsitzenden Brügmann als erhöhte Aufwandsentschädigung bewilligt wurde. Im Gegensatz zu Bergedorf hatte die hamburgische Landgemeinde Geesthacht keinen hauptamtlichen Bürgermeister – dies auch im Gegensatz zum benachbarten preußischen Besenhorst, das im späten  Frühjahr den „Berufsgemeindevorsteher Bürgermeister Wohlers“ bekam, worin sich nach den Worten des Landrats Dr. Mathies die Entwicklung Besenhorsts von „einem stillen, ländlichen Orte … zu einer nicht unbedeutenden Industriegemeinde“ widerspiegelte. Allerdings resultierte dieses Wachstum Besenhorsts vor allem aus der Ansiedlung von Arbeitern auf von der Pulverfabrik erworbenem bzw. gepachtetem Gelände (siehe BZ vom 10. April und 13. Juni 1917).

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