Die Fortbildungsschule Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 3. Juni 1916

Bergedorfer Zeitung, 3. Juni 1916

Die Fortbildungsschule war nicht etwa eine Vorläuferin der Volkshochschule, wie man aufgrund des Namens vermuten könnte – aus ihr entwickelten sich die Berufsschulen als eigenständiger Zweig des Bildungswesens. Dreizehn Jahre nach ihrer Gründung (1903) war die „gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschule“ in Bergedorf aber noch Teil der Stadtschule, deren Rektor Müller als zweite dienstliche Aufgabe die Leitung auch dieser Einrichtung hatte.

Der Wert der dualen Ausbildung in Betrieb und Schule schien aber nicht allen Lehrlingen, wie die Auszubildenden damals genannt wurden, und Lehrherren klar gewesen zu sein, denn Rektor Müller führte Klage über „leichtfertige Verspätungen und Versäumnisse“ seiner Berufsschüler und auch darüber, dass „säumige Lehrherren“ beides offenbar tolerierten. Dabei wäre es, so Rektor Müller, gerade weil viele Väter im Felde standen, besonders wichtig gewesen, solch Fehlverhalten zu bekämpfen, da die Schule die Jugendlichen „auch ganz besonders erziehlich beeinflusste“.

Die Schülerzahl war im Schuljahr 1915/16 um 20 bis 25 Prozent zurückgegangen: da der Baubereich kaum noch Aufträge erhielt, wurden natürlich auch kaum oder keine Lehrlinge eingestellt, und manche Lehre musste wegen Einberufung des Lehrherrn mit nachfolgender Betriebsstilllegung abgebrochen werden. Die Maschinenfabriken, die „mit Kriegsarbeit beschäftigt“ waren, hatten auch für den Nachwuchs Arbeit und Ausbildung, aber „zahlreiche“ Jugendliche gingen in „lohnende Beschäftigungen“ als Hilfspostboten oder Arbeiter in die Pulverfabrik Düneberg, wo sie als billige Arbeitskräfte sicher gern angenommen wurden.

Für weibliche Jugendliche gab es 1916 in Bergedorf, nachdem die die im Vorjahr eingerichtete freiwillige Haushaltungs-Fortbildungsschule nach nur einem Jahr wieder eingestellt worden war, gar kein Fortbildungsschulangebot für Mädchen mehr, wenn man von der notorischen Handelsschule Hansa einmal absieht (siehe den Beitrag Heiratsmarkt und Arbeitsmarkt), während es in der Stadt Hamburg eine Reihe solcher Einrichtungen (teils aus philanthropischen Motiven gegründet) gab (siehe hierzu 150 Jahre staatliche berufsbildende Schulen in Hamburg).

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