Verhalten bei Luftangriffen

Bergedorfer Zeitung, 4. Februar 1916

Bergedorfer Zeitung, 4. Februar 1916

Dass die Geesthachter Bevölkerung Anfang 1916 vor der Gefahr von Luftangriffen gewarnt wurde, nicht aber die Bergedorfs, ist nur dadurch zu erklären, dass die eigentlichen Ziele feindlicher Flugzeuge, Luftschiffe oder auch Ballons sicherlich die Rüstungsbetriebe in Krümmel und Düneberg gewesen wären. Um diese zu schützen, waren bei Geesthacht Abwehrgeschütze stationiert: im Geesthachter Heimatbuch von 1929 (S. 182f.) heißt es, dass insgesamt 180 Artilleristen zu diesem Teil des Wachtkommandos gehörten – diese Angabe wie auch die genauen Orte der Geschützstellungen durften während des Krieges nicht veröffentlicht werden, obwohl man unterstellen kann, dass die Geesthachter Bevölkerung Bescheid wusste: zwar lag die große Stellung auf dem „Runden Berg“ außerhalb der Ortschaft, aber unbemerkt kann sie genausowenig geblieben sein wie die Stellungen in Besenhorst, Tespe, Marschacht, Hasenthal (zwischen Wiershop und Krümmel) und Horstberg a.d. Elbe (?), die im Geesthachter Heimatbuch genannt werden.

Undatierte Ansichtskarte, wohl frühes 20. Jahrhundert

Runder Berg in Geesthacht. Undatierte Ansichtskarte, wohl frühes 20. Jahrhundert

Die Verhaltensmaßregeln für die Zivilbevölkerung waren eindeutig: schnellstens Schutz suchen, denn nicht nur die Bomben stellten eine Gefahr dar, sondern ebenso „die wieder zur Erde fallenden Geschoßteile des eigenen Abwehrfeuers.“
Nach einer Stichwort-Recherche im online-Zeitungsarchiv der European Library hat es im Ersten Weltkrieg keine Luftangriffe auf Geesthacht und Umgebung gegeben, wohl aber auf die in Württemberg liegende Pulverfabrik Rottweil. Berichte französischer Zeitungen (siehe Le Matin vom 11. August 1916) gaben dabei durchweg die Schäden größer an als deutsche Berichte (siehe z.B. Berliner Zeitung vom 5. März 1915). Das erste Opfer des Krieges ist eben die Wahrheit, wie es schon bei Aischylos hieß.

Schwarzwälder Bote, 11. August 1916

Schwarzwälder Bote, 11. August 1916 (Quelle: Kreisarchiv Rottweil)

Ergänzung am 14.02.2016: Nach Veröffentlichung des vorstehenden Textes gingen hier Ergebnisse einer von Steffen Lippitz vom Kreisarchiv Rottweil vorgenommenen Recherche ein: über die Angriffe auf Rottweil brachte die Lokalzeitung, der Schwarzwälder Bote, an zwei Tagen Meldungen mit der Quellenangabe „Wolffs Telegraphisches Bureau“, wobei die Meldungen aus Paris

Schwarzwäler Bote, 12. August 1916

Schwarzwälder Bote, 12. August 1916 (Quelle: Kreisarchiv Rottweil)

bemerkenswerterweise einen Tag früher gedruckt wurden. Wie groß die Schäden bei diesem und den weiteren Angriffen waren, ist am ehesten dem Bericht der I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft/Werk Rottweil (Quelle: Kreisarchiv Rottweil, Signatur A III RO 9442,2 Nr. 2) zu entnehmen, der vom 3. August 1933 stammt – die Vermutung liegt nicht fern, dass dabei schon an den nächsten Krieg gedacht wurde , in dem dann auch die Pulverfabrik Düneberg und die Dynamitwerke Krümmel bombardiert wurden (siehe Industriemuseum Geesthacht).

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