Waldlauf mit Hindernissen

Bergedorfer Zeitung, 8. März 1924

Der Verfasser des Zeitungsartikels war begeisterter Waldläufer, der seine Sportart in den höchsten Tönen anpries: er sah den Waldlauf als „die schönste Form gemeinsamer Betätigung“ für „leichtgekleidete Läufer“, die „auf schweigenden Waldwegen“ ihre Lungen „bis in die äußersten Spitzen mit reinem Sauerstoff“ füllten und dabei die Chance hatten, den Titel eines Hamburger Waldlaufmeisters zu erreichen, erstmals in Bergedorf.

Die Hinweise des Experten zum richtigen Laufen werden auf jeden Fall dem damaligen Stand der Lauftechnik entsprochen haben; der hier empfohlene „kraftsparende und raumschaffende Sohlenlauf“ war nach der Österreichischen Illustrierten Sport-Zeitung vom 2. Jänner 1925 allerdings nicht unumstritten. Die Tipps zur bestmöglichen Bewältigung von Gefällestrecken und Steigungen waren angesichts des Höhenprofils des Austragungsorts sicher beachtenswert, an hügeligem Gelände und talartigen Einschnitten herrscht(e) im Bergedorfer Gehölz kein Mangel. Austrainierte Sportler werden aber ohne „seitlichen Schräglauf“ ausgekommen sein.

Bergedorfer Zeitung, 10. März 1924

Doch es kam anders als geplant: der Winter war noch nicht vorüber, die Wege im Wald waren „vollkommen vereist“, und so wurde der Start von der Marienburg am Rande der Bille-Niederung zum Waldschloss (NN +41m) verlegt, und als Laufstrecke die „Schwarzenbeker Chaussee“, d.h. die Wentorfer Straße und ihre Fortsetzung in Richtung Schwarzenbek auserkoren. Statt auf schweigenden Waldwegen lief man nun neben einer Hauptverkehrsstraße, an der die Bäume gefällt worden waren (BZ vom 14. Januar 1920). Statt reinen Sauerstoffs gab es für die Sportler also eher Autolärm und -abgase sowie nur sanfte Steigungen.

Bergedorfer Zeitung, 22. März 1924

Auch als vierzehn Tage später die norddeutschen Waldlaufmeisterschaften in Bergedorf stattfanden, war die ursprünglich vorgesehene Strecke noch teilweise vereist und somit „nicht lauffähig“, doch dieses Mal hatte man eine Alternative vorbereitet, die tatsächlich einen Waldlauf mit höherem Anspruchsniveau an die Lauftechnik, nämlich durch das Gehölz und am Gojenberg, beinhaltete. 35 von 39 Startern erreichten das Ziel – die Verhältnisse waren also nicht irregulär (BZ vom 24. März).

Einen Lauf für Frauen gab es übrigens nicht.

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