Wie schon im Beitrag Warme Unterkleidung und Vierländer Verkehrsstraßen geschildert, war die Ausstattung der Soldaten unzureichend und musste durch „Liebesgaben“ aus der Heimat ergänzt werden. Aus diesem Artikel kann man nicht nur im Detail ersehen, welche Dinge von der Sicherheitsnadel über Kautabak bis zum wärmenden Lungenschützer zusammen mit Nahrhaftem wie Speck und „Liebigkugeln“ (ein Fleisch-Extrakt für Suppen) verschickt wurden, sondern auch, wie man sicherstellen wollte, dass in erster Linie Bergedorfer hiervon profitierten. Laut Bergedorfer Zeitung vom 30. Oktober 1914 wurden in der Woche zuvor insgesamt 100 Pakete à 10 Pfund versandt – zweifellos eine Herausforderung für die Feldpost, wenn aus anderen Orten ähnliche Mengen zugestellt werden sollten.
Erreichten die Gaben auch ihr Ziel? Zweifel sind angebracht, wenn man den Artikel über „Die Feldpost“ liest: Oberleutnant Dr. Matthaeis Brief an einen Hamburger Freund wurde von der Bergedorfer Zeitung als „Notschrei“ bezeichnet, da er das völlige Versagen der Feldpost belegte. Wenige Tage später folgte ein Leserbrief eines Curslacker Veteranen von 1870/71, der sich beklagte, dass von den sechzehn Paketen an seinen Sohn im Felde nur eines angekommen war, und der die rhetorische Frage stellte: „Kann ein Soldat, der sieht, wie seine Kameraden mit Unterzeug und allem versehen sind und er nicht, noch mit demselben Mut auf den Feind losgehen und noch dazu, wenn er friert?“ (Bergedorfer Zeitung vom 29. Oktober 1914)
Solche Klagen waren offenbar nicht selten, denn es gab offizielle Reaktionen: die Mehrzahl der Fälle von Nichtzustellung sei auf unzureichende Verpackung zurückzuführen, aber es gebe auch „Diebstähle und Beraubungen“ durch „unerprobte, beschäftigungslose Zivilpersonen als Ersatz“ für die eingezogenen Postbeamten (Bergedorfer Zeitung vom 31. Oktober 1914). Sogar eine Stellungnahme des Feldoberpostmeisters gab es (am 1. November 1914 abgedruckt): es habe kein Versagen der Feldpost gegeben, alle Adressaten hätten ihre Pakete erhalten – oder diese hätten unvollständige oder unrichtige Anschriften gehabt. Und öffentliche Klagen würden „nur weiter verbitternd wirken und in keinem Falle helfen.“ Diesen Hinweis verstand die Redaktion der Bergedorfer Zeitung offenbar, denn weitere derartige Leserbriefe erschienen hier nicht.