Einstürzende Sielbauten

Wenn ein Siel, d.h. ein unterirdisch verlaufendes Rohr o.ä., einstürzt, entsteht an der Erdoberfläche in aller Regel ein Loch, und einstürzende Sielbauten gab es nicht nur in Bergedorf, sondern auch in den Marschgebieten.

Über das nicht glimpflich verlaufene Sielunglück in Bergedorf wurde bereits in dem Beitrag Das große Loch in der Brauerstraße berichtet – fünf Jahre später wurde dem geschädigten Fuhrwerksbesitzer vom Reichsgericht letztinstanzlich Schadensersatz zugesprochen, da die Stadt es unterlassen hatte, nach vorangegangenen Pflastereinstürzen das Abwassersiel zu kontrollieren und ggf. zu sanieren (BZ vom 1. Juni 1923).

Bergedorfer Zeitung, 5. Januar 1923

Ein anderer Sieleinsturz drohte in der Marsch: in Reitbrook war das alte Deichsiel zusammengefallen, und somit drohte ein Deichbruch an der Gose-Elbe, durch den bei Sturmflut der Polder mit Reitbrook und Neuengamme unter Wasser gesetzt worden wäre.

Exkurs zum Thema Deichsiel:
Ein Deichsiel ist eigentlich eine einfache Konstruktion, damals meist aus Holz und schlicht die Gesetze der Physik nutzend: durch eine hölzerne Kammer, die den Deich in seinem unteren Bereich quert, kann Wasser fließen, und eine Klappe öffnet bzw. schließt sich je nachdem, von welcher Seite der Wasserdruck höher ist. Das funktioniert also automatisch, benötigt keine Energie und keine Menschen, die im Bedarfsfall die Klappe betätigen. (Gute Darstellungen in Text und Bild findet man auf hier verlinkten Seiten von museen-nord.de und haselau-online.de.) Allerdings: steht außendeichs das Wasser höher als binnendeichs, ist die Ableitung natürlich nicht möglich.

Bergedorfer Zeitung, 11. März 1920

Meldungen über eingestürzte Deichsiele gab es immer wieder aus den Vierlanden und den Marschlanden, sodass sich die Landherrenschaft mehrfach genötigt sah, die Eigentümer (wohl meist die Gemeinden bzw. die Deichverbände) an die Instandhaltung der Anlagen, tunlichst nicht in der Hochwassersaison, zu erinnern.

 

 

BZ, 7. August 1923

Die Instandhaltung hatten die Reitbrooker verschlampt, zudem das neue Siel zu nahe an das alte gebaut, sodass hier aufwändige Arbeiten erforderlich waren: zunächst wurde der Hinterdeich für den Durchgangsverkehr gesperrt, im August dann wurde der Deich aufgegraben, und damit war keinerlei Verkehr mehr möglich. Man kann davon ausgehen, dass alles rechtzeitig erledigt wurde, denn eine Meldung über einen Deichbruch gab es nicht. Die in den frühen 1920er Jahren begonnenen Maßnahmen zur Binnenentwässerung durch ein neues System mit Hauptgräben und Pumpwerken (siehe den Beitrag zur  Entwässerung der Marschgebiete) kamen hier aber noch nicht zum Tragen.

 

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