Der Ausbau des Fersenwegs

BZ, 25. November 1922

Der Senat hatte hohe Erwartungen an den Ausbau des Fersenwegs: dort sollten sich Gemüsebauern ansiedeln und Hamburg mit frischen Lebensmitteln versorgen. Das war aber recht optimistisch.

Der Fersenweg, der Kirchwärder in ost-westlicher Richtung durchzieht, existiert seit über 500 Jahren: laut Ernst Finder (S. 315) ist er bereits in der sogenannten Pfannenstielschen Karte von 1546 verzeichnet. Über die Jahrhunderte war er ein einfacher Feldweg, aber nun hatte Hamburg großes vor. Man strebte an, den „durchgehenden Verkehr aus dem Lande auf dem Fersenweg und Landscheideweg über die Ochsenwärder Landstraße und den Elbdeich in Moorfleth nach Hamburg durch Ausbau der Feldwege Fersenweg und Landscheideweg zu ermöglichen“, wie es im Wegeprogramm der Landherrenschaften hieß (BZ vom 7. August 1922).

Die Begeisterung darüber hielt sich in Grenzen: für Kirchwärders Gemeindevorsitzenden Heinrich Grube war die Pflasterung der Deiche dringender und nötiger, seine Gemeindevertretung war aber mit dem Plan einverstanden (BZ vom 27. Oktober und 6. November 1921). Auch in einem Ausschuss der Hamburger Bürgerschaft wurde kontrovers diskutiert: die Befürworter meinten, dass dort „Hunderte von Gemüsebauern sich ansiedeln“ könnten, zu beiden Seiten der Wege befinde sich ja „ausschließlich Acker- und tiefliegendes Weideland“. Die Gegner erwarteten, dass die Hamburger Marschbahn die Transportaufgaben übernehmen würde und die Wege somit „vollständig entbehrlich“ seien (BZ vom 30. März 1921).

In Kirchwärder erwartete man sogar die Schaffung einer „breiten Fahrstraße“ (BZ vom 2. April 1921), doch das war zu optimistisch: der Ausbau erfolgte in einer Breite von ca. drei Metern, sodass Begegnungen von Pferdefuhrwerken und von Lastkraftwagen nicht ohne Inanspruchnahme der Bankette möglich waren, und folglich wurde der Süderquerweg, nicht der Fersenweg, zur Ost-West-Hauptstraße Kirchwärders, mit Anschluss an den Ochsenwärder Landscheideweg.

Zu rosig hatte man auch die gartenbauliche Zukunft gesehen: wie man heute noch feststellen kann, blieb die Zahl der Gemüsebauern sehr überschaubar – offenbar war das schwere, tiefliegende Land doch nicht so gut für den Gartenbau geeignet.

Fersenweg (westlicher Teil) im September 2022

Die Straßenbreite beträgt übrigens bis heute etwa drei Meter, es sind allerdings Ausweichbuchten vorhanden. Und rechtzeitig vor dem hundertsten Geburtstag hat der westliche Teil des Fersenwegs, also zwischen Kirchwerder Landweg und Durchdeich, eine neue Asphaltdecke erhalten, unter der sich altes Pflaster verbirgt.

 

 

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