Er war über Bergedorfs Grenzen hinaus als Hersteller von Kindermehl bekannt, aber er war auch in eine üble Maschinengewehraffäre verwickelt: Rudolf Kufeke.
Sollten die Maschinengewehre und militärischen Ausrüstungsgegenstände bei einem Umsturzversuch von rechts zum Einsatz kommen? Gab es einen Zusammenhang mit dem rechtsextremistischen Mord an Außenminister Rathenau nicht einmal zwei Wochen zuvor? Oder ging es Kufeke um die Verteidigung von Republik und Demokratie?
Die Polizei griff jedenfalls ein, als sie von dem Zufallsfund von Militärausrüstung im Gasthof „Stadt Hamburg“ erfuhr, und stellte rasch fest, dass auch Kisten in Privathäuser im Villenviertel gebracht worden waren, wie die BZ weiter berichtete: insgesamt dreizehn tragbare Maschinengewehre, 82 Handgranaten und weiteres militärisches Material wurden sichergestellt, vier Personen wurden verhaftet und nach Hamburg verbracht: ein auswärtiger Student und ein Hansaschüler, der Fabrikant Kufeke und der Prokurist Ernst Dröge.
Die beiden Erstgenannten kamen schon zwei Tage später wieder auf freien Fuß, „da ihnen keinerlei Schuld nachgewiesen werden konnte“ (BZ vom 10. Juli 1922), die zwei anderen nach knapp zwei Wochen (BZ vom 21. Juli).
Warum Kufeke und Dröge so schnell wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, ist unklar. Die Vernehmungen hatten offenbar ergeben, dass Dröge die Waffen und mehrere Kisten mit Munition bestellt hatte (BZ vom 21. Juli 1922), doch zugleich präsentierten sich die Beschuldigten als kampfeswillige Unschuldslämmer – die Aktion sollte nach ihren Aussagen dem guten Zweck dienen, „bei eintretenden Unruhen die Polizeiorgane zu unterstützen“, also für die bestehende demokratische und republikanische Ordnung einzutreten.
Folgt man der Darstellung der Staatlichen Pressestelle, hatten Kufeke und andere ein Waffenlager angelegt, was nach dem Republikschutzgesetz (§ 7, Ziff. 6) strafbar war (bis zu fünf Jahren Gefängnis) und auch die Zuständigkeit des Oberreichsanwalts begründete, doch was dessen Ermittlungen ergaben, ist unbekannt: weitere Meldungen der BZ gab es bis zwei Jahre nach dem Waffenfund nicht, was so oder so merkwürdig anmutet.
Kam es überhaupt zu einem Prozess? Oder waren Kufeke und Dröge etwa mit ihrer Aussage durchgekommen? Auch bei Alfred Dreckmann (S. 23f.), der für seine Schilderung der Affäre Berichte des Bergedorf-Sander Volksblatts nutzen konnte, findet man zu diesen Fragen keine Antwort.
Über Dröge, laut Dreckmann (S. 23) Prokurist bei Kufeke, ist in Bergedorf ansonsten nur bekannt, was die Staatliche Pressestelle schrieb: er war Geschäftsführer des „Bundes der Niederdeutschen“ und des „inzwischen aufgelösten Helferbundes in Bergedorf“; beide Organisationen wurden 1922 in Hamburg verboten (BZ vom 18. Juli und 14. Oktober 1922).
Kufeke bekleidete in jener Zeit mehrere Ehrenämter, unter anderem als 1. Schriftführer des Verbands der militärischen Vereine von Bergedorf, Vierlanden usw. Am 30. Oktober 1922 meldete die BZ, dass er hiervon zurückgetreten sei – sein Amt als 3. Vorsitzender der DVP Bergedorf hingegen behielt er, und in der DVP schien die Affäre seinem Ansehen nicht geschadet zu haben, denn er wurde im folgenden Jahr wiedergewählt (BZ vom 1. Februar und 20. Dezember 1923). Und auch die Kindermehlproduktion lief weiter.