Als es gebaut wurde, war es das größte Haus am Platze – und bis zur Ansiedlung von Einkaufszentren Jahrzehnte später blieb es das auch. Heute herrscht Leerstand in der (Nachfolge-)Immobilie – Strukturwandel.
In den Jahren 1905 und 1906 hatte Johann Biebler in Bergedorfs bester Lage sein Warenhaus errichten lassen. Der Bau sollte Aufsehen erregen, und mit seiner großflächig verglasten Jugendstilfassade tat er das auch. Zusammen mit dem Nachbarhaus summierte sich die Verkaufsfläche auf etwa 3.000 Quadratmeter (BZ vom 22. September 1906), und der „Personenfahrstuhl durch alle Etagen“ war vermutlich der erste seiner Art in ganz Bergedorf.
Zum Sortiment gehörten „Leinen- und Baumwollwaren, Div. Bedarfs- und Wirtschaftsartikel, Trikotagen, Wäsche, Kurzwaren und Tapisserien, Papier- und Galanteriewaren, Glas, Porzellan, Luxusartikel“ (BZ vom 22. September 1906), Oberbekleidung für alle Altersgruppen beider Geschlechter (auch maßgearbeitet), Kinderwagen; wer wollte, konnte dort – mit Ausnahme von Öfen und Herden – alles für die Einrichtung seines Hausstands erwerben, wie die (im Original mehr als eine Dreiviertelseite einnehmende) Anzeige zur Eröffnung in Bergedorf zeigt.
Johann Biebler (1847-1922) hatte sein erstes Geschäft für „Manufacturwaren“ 1878 im benachbarten Sande eröffnet, auch dort in der Großen Straße, „nahe beim Bahnhof“. 1905 belegte er die Häuser Nr. 6, 8 und 10 (Eingang nur Nr. 10), verfügte dort über zehn große Schaufenster auf über 40 Meter Straßenfront, wie es in seinen Anzeigen hieß (BZ vom 18. April und 7. November 1905) – die Häuser 8 und 10 (heute Alte Holstenstraße 45 und 47) stehen noch. Neben Sande hatte er ein weiteres Geschäft an der Lauenburger Chaussee in Schwarzenbek (BZ vom 20. Mai 1905).
Schließlich wurden die Standorte Sande und Schwarzenbek aufgegeben, in Bergedorf wurde 1950 das Kaufhaus von der Firma Hertie übernommen, mehrfach umgebaut und erweitert. Als der Biebler-Bau im Jahre 1958 abbrannte, war die Jugendstilfassade längst dem Zeitgeschmack gewichen, der Neubau erhielt eine „moderne“ Fassade. 1996 übernahm der Karstadt-Konzern, der mit seiner „Kepa“-Filiale am Markt bereits in Bergedorf vertreten war. Ende 2020 war Ende: beide Häuser wurden geschlossen. Zukunft ungewiss, Leerstand vorläufig gesichert.
Zur Entwicklung des Einzelhandels siehe Bardo Metzgers Buch über Handel und Wandel im Sachsentor. Auf seine Ausführungen zum Kaufhaus Biebler (S. 106-114) wurde hier mehrfach Bezug genommen.