Morgensuppe und Behördenschelte

Bergedorfer Zeitung, 11. Mai 1916

Bergedorfer Zeitung, 11. Mai 1916

Die Ernährung blieb ein Dauerthema, denn Lebensmittel wurden immer noch knapper und teurer. Doch die Bergedorfer Zeitung hatte einen heißen Tipp für das Frühstück: die Morgensuppe als „Wiedereinsetzung einer früheren allgemeinen Gepflogenheit“, hergestellt aus Weizen- oder Roggenmehl (dessen Kauf aber natürlich auf die Brotration angerechnet wurde). Und „von Reichs wegen“ sollte in nächster Zeit sogar die „Herstellung eines guten und billigen Morgensuppenstoffes mit etwas Fettzusatz“ in die Wege geleitet werden (siehe BZ vom 9. Mai 1915). Über den Erfolg der Aktion schwieg sich die BZ allerdings aus.

Wie sehr sich die Lage verschlechtert hatte, zeigen die beiden hier wiedergegebenen Artikel: auf täglich 2.000 Portionen war die Ausgabe von Mittagessen in den städtischen Kriegsküchen angestiegen und hatte sich damit binnen eines halben Jahres nahezu verdreifacht (siehe die Beiträge Hotel „Stadt Lübeck“ im Kriegsjahr 1915 und auch Nach einem Jahr), sodass sogar die Feuerwache  um- und ausgebaut werden musste, um die erforderlichen Küchenräume zu schaffen.

Bergedorfer Zeitung, 11. Mai 1916

Bergedorfer Zeitung, 11. Mai 1916

Ob die nun geschaffene „Reichszentralstelle für Lebensmittelversorgung“ (offizielle Bezeichnung: Kriegsernährungsamt) hier Gutes bewirkte, ob sie „wucherische Verbrecher“ und „gewissenlose Ausbeuter“ ausschalten konnte? Der Verfasser des Artikels jedenfalls scheint durchaus skeptisch gewesen zu sein: zwar begrüßte er, dass Maßnahmen ergriffen wurden („wenn … auch etwas reichlich spät“), doch hätte er sich nach dem Versagen der Zivilbehörden, das er auf das „bürokratische System“ und das „administrative Beamtentum“  zurückführte, den „eisernen Besen des Generalkommandos“ statt einer „mit behördlichen Befugnissen ausgestattete Zentralstelle“ gewünscht, weil in seinen Augen das Militär viel erfolgreicher war.  Der am 22. Mai eingesetzte Präsident des Kriegsernährungsamtes, Adolf von Batocki, erhielt umgehend den Beinamen „Nahrungsmitteldiktator“ (siehe BZ vom 26. Mai 1916), was ja durchaus nach eisernem Besen klingt.

Mehr zu essen gab es allerdings dann auch nicht.

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