Szenen beim Butterverkauf

Bergedorfer Zeitung, 12. Februar 1916

Bergedorfer Zeitung, 12. Februar 1916

Wer immer den Bericht über die „Szenen beim Butterverkauf“ geschrieben hat: so anschauliche Artikel fand man damals nur sehr selten in der Bergedorfer Zeitung, und der Gesamttenor ist ein durchaus kritischer, weshalb die Redaktion wohl das Autorenkürzel „-g.“ an den Anfang gesetzt hat. Damit ist der Verfasser zwar nicht identifizierbar, aber es ist klar, dass er nicht zur Redaktion der BZ gehört, und darauf kam es dem für die lokalen Meldungen verantwortlichen Redakteur wohl an.

Es können ja alle Blog-Leserinnen und -Leser überlegen, wie hoch ihr Butter- oder Margarineverbrauch ist, ob sie mit der Wochenration von 125 Gramm pro Person auskommen würden – man darf es, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, bezweifeln. Auch möge man überlegen, was man gemacht hätte, wenn man nichts abbekommen hätte, weil im Februar 1916 ja längst nicht alle versorgt wurden: „Der Bedarf wurde nicht annähernd gedeckt.“

Die Gründe für den Milch- und Buttermangel und mögliche Abhilfe muss man sich aus verschiedenen Ausgaben der Bergedorfer Zeitung zusammensuchen: in einem Artikel vom 25. Februar 1916 wurde darauf hingewiesen, was „für jeden Kenner landwirtschaftlicher Verhältnisse bekannt“ war: viele Kühe stünden von Dezember bis Februar „trocken“, würden also nur wenig Milch produzieren. Im März begönnen die Monate des Kälberwerfens und des Weidegangs, die zu erhöhter Produktion führten – die Problemlösung käme dann von allein. So lange wollte aber der stellvertretende kommandierende General des 9. Armeekorps nicht warten: er verordnete den Landwirten einen Milchlieferungszwang an ihre bisherigen Abnehmer, um ein Ausweichen auf die „Selbstverbutterung“ durch marktwirtschaftlich denkende Bauern ebenso wie den Verkauf nur an Gemeinden, die den Höchstpreis ausschöpften, zu unterbinden (siehe den „Tagesbericht“ der BZ vom 12. Februar 1916).

Bergedorfer Zeitung, 4. Januar 1916

Bergedorfer Zeitung, 4. Januar 1916

In den ersten Tagen des Jahres hatte die Bergedorfer Zeitung einen anderen Vorschlag wiedergegeben, mit dem dem Buttermangel begegnet werden sollte – die Herstellung von „Sparbutter“. Ob dem Projekt Erfolg beschieden war, konnte man der BZ nicht entnehmen – allerdings dürfte kaum eine Hausfrau ihre knappe Butterration dafür aufs Spiel gesetzt haben, denn „Erfahrungen scheinen mit diesem Rezept noch nicht gemacht zu sein“.

Die Butterkrise dauerte jedenfalls an, wie in einem der folgenden Beiträge geschildert wird. Sie nahm sogar noch an Schärfe zu.

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