Da die Verfassung des Deutschen Reichs vom 1. Januar 1871 die vom Norddeutschen Bund vereinbarten „neuen“ Maße und Gewichte übernommen hatte, galten diese also schon seit über 40 Jahren, aber offenbar – zumindest bei der Landvermessung – ohne sich wirklich in der Bevölkerung durchzusetzen. Es konnte dem Grundeigentümer ja auch egal sein, welche Einheit der Vermessung zugrunde gelegt wurde, denn die Größe änderte sich ja durch die neuen Einheiten nicht.
Für die Landvermesser wurde durch die Umstellung das Leben einfacher (siehe unten) und zugleich wurden ihre Arbeitsplätze sicherer, denn Hamburg legte ein umfassendes Vermessungsprogramm für sein Staatsgebiet auf, dessen Ergebnis auch die erste präzise vermessene Karte der Stadt Bergedorf (siehe Karte 1875) war.
1915 wurden die neuen Maße dann wirklich praktisch relevant, denn es sollten reichsweit die Größen der landwirtschaftlichen Anbauflächen erfasst werden, und da konnten die alten Maße wahrlich mehr Verwirrung stiften als Klarheit bringen, denn ein Fuß war hier länger als dort, und eine Quadratrute war je nach Lokalität mal größer, mal kleiner, wie das folgende Beispiel (aus: Witthöft, Handbuch der historischen Metrologie) zeigt: ein Fuß hamburgisch hatte eine Länge von 28,6571 cm, der preußische dagegen 31,3853 cm – die Preußen lebten also auf einem um ca. 9,5% größeren Fuß. Komplizierter wurde es dann schon mit den Ruten, denn Hamburg unterschied zwischen der Marschrute von 4,012001 m (entsprechend 14 Fuß) Länge und der Geestrute von 4,585144 m (entsprechend 16 Fuß) Länge (siehe Angelo Martini, Manuale di metrologia …, Torino 1883), der Marschmorgen hatte 600 Quadratruten à 196 Quadratfuß, somit 117.600 Quadratfuß oder 9657,6 qm. Der Geestmorgen bestand aus 2 Scheffeln Geestland zu je 200 Quadratruten à 256 Quadratfuß, somit 102.400 Quadratfuß oder 8409,6 qm – ein preußischer Morgen hingegen wies nur 2553,3 qm auf. All dies (und für Feinschmecker: noch viel mehr, zum Beispiel ein Vergleich mit den im Kirchenstaat geltenden Maßen) ist nachzulesen in J. F. Cramms Maaß- und Gewichtstafeln aus dem Jahre 1853 – auf dem Titelblatt wird Cramm als „Hauptmann u. Adjutant im Generalstabe des (Hamburger) Bürger-Militairs“ bezeichnet, was dafür spricht, dass das Militär die Vorteile des metrischen Systems schon früh erkannte. Cramms Schrift wiederum hatte (ausweislich eines Besitzvermerks auf dem Frontispiz) der Hamburger Ober-Geometer Heinrich August Ludwig Stück gelesen, der nach einer Bekanntmachung der Deputation für Handel und Schifffahrt vom 5. April 1869 von dieser „veranlaßt“ wurde, „für den practischen Gebrauch geeignete Tabellen auszuarbeiten und auf dem Wege des Buchhandels zu veröffentlichen“ (siehe Hamb. Gesetzsammlung 1869, II. Abtheilung, No. 24). Aus Stücks Tafeln zur Umwandlung des bisherigen Hamburger Maasses wiederum erfahren wir, dass in den hamburgischen Walddörfern der Scheffel Geestland 256 Quadratruthen entsprechend 5382,02767 qm umfasste, was den anderen genannten Autoren entgangen war und auch in Hartson’s Reductions-Tabellen nicht zu finden ist – übrigens glaubte der Erstbesitzer dieses Buches, Moritz Hirsch, in demselben einige Fehler ausgemacht zu haben: wer mag, möge nachrechnen.
Trotz alledem: das Duodezimalsystem war nicht auszurotten: im Korpsverordnungsblatt für das IX. Armeekorps für 1916 wurde der Flächenbedarf für die Schweinefuttererzeugung in Quadratruten angegeben: