Militarismus und Vereinsmeierei

Bergedorfer Zeitung, 3. Juli 1914

Bergedorfer Zeitung, 3. Juli 1914

Die Mitglieder des Bergedorfer Militärvereins Germania gedachten des ermordeten österreichischen Thronfolgers – nicht aber seiner bei demselben Attentat ermordeten Frau.

Auch ansonsten steht dieser Bericht für viele andere, denn Militärvereine, meist in den Jahren und Jahrzehnten nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 gegründet, gab es viele – auf den Seiten der Bergedorfer Zeitung des Jahres 1914 fand ich die folgenden:

  • Militärische Kameradschaft von 1883 zu Bergedorf [Nachtrag: Unter ihren „freien Materialien“ zur App „Weltbrand 1914“ zeigt die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ausgewählte Seiten der „Illustrierten Rundschau“ des „Hamburger Fremdenblatts“ – dort findet sich auch eine Fotografie der Manstein-Gedächtnisfeier am 5. Juli 1914.]
  • Kavalleristen-Verein von Bergedorf und Umgegend
  • Kriegerverein von 1876 (Geesthacht)
  • Militärische Kameradschaft von 1894 zu Neuengamme
  • Militärische Kameradschaft zu Curslack
  • Militärische Kameradschaft Kirchwärder N-S. (Norderseite) u. Umg. von 1899
  • und eben den Bergedorfer Militärverein Germania.

Das „Adreßbuch für Bergedorf und die umliegenden Gemeinden 1912“ nennt weitere: den Offizierverein Bergedorf (Vorsitzender Generalleutnant Exzellenz v. Oertzen) und den Flottenverein, Ortsgruppe Bergedorf, unter dem Vorsitz des Hansaschuldirektors Prof. Dr. Ohly.

Der Zusammenschluss der „militärischen Vereine der Landherrenschaft Bergedorf“ scheint allerdings nicht vollzogen worden zu sein; zumindest ist dies seine einzige Nennung in dieser Zeitung. Die im Artikel aufgeführten geplanten Aktivitäten des Militärvereins Germania sind typisch für all diese Vereine:

• die Beteiligung an der Gedenkfeier für den verstorbenen Infanterie-General Albert Ehrenreich Gustav von Manstein, der im Krieg von 1870/71 das IX. Armeekorps befehligt hatte. Von Manstein ist in Billwerder, seinem Alterswohnsitz, begraben. Das Grabmal von Mansteins, ein über zwei Meter hoher Feldstein mit einem metallenen Bildnisrelief, steht dort nach wie vor.

• die Teilnahme am Hanseaten-Appell in Lübeck – dies bezieht sich auf das „Hanseatische“ Regiment Nr. 76, das an dem Krieg von 1870/71 teilnahm und dem zahlreiche der Vereinsmitglieder angehört haben dürften, und nicht auf die „Hanseatische Legion“ der Befreiungskriege.

• die Feier des „Sedantages“, d.h. des Sieges über Frankreich am 1. September 1870.

• die Durchführung von Schießwettbewerben.

Warnungen vor einem erneuten Krieg werden von diesen Vereinen nicht ausgegangen sein.

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