Sande bekommt einen Elternrat (oder zwei?)

Bergedorfer Zeitung, 19. August 1919

In Hamburg (und damit auch Bergedorf) waren bereits Ende 1918 an den Schulen Elternräte eingerichtet worden (siehe den Beitrag Die Hansa-Schule in der Revolution) – in Preußen (und damit auch Sande) hatte es sich monatelang hingezogen, aber im August 1919 war die Wahl in Sande vollzogen, und an der Knaben- wie der Mädchenschule wurden sieben SPD- und zwei USP-Vertreter gewählt.

Bergedorfer Zeitung, 7. April 1919

Dabei hatte es im Frühjahr gar nicht nach einer parteipolitischen Auseinandersetzung ausgesehen: SPD und USP gemeinsam hatten zu einer Veranstaltung über „Aufgaben u. Pflichten eines Elternrates“ eingeladen, aber zu einer Wahl kam es bei dieser öffentlichen Versammlung nicht: „Auf Vorschlag der Lehrerschaft wurde noch von der Wahl eines Elternrates abgesehen“ und der Schulvorstand beauftragt, eine „Elternliste“ in Vorschlag zu bringen (BZ vom 9. April).

Bergedorfer Zeitung, 11. Juli 1919

BZ, 15. August 1919

Die Aufstellung einer„Einheitsliste“ gelang aber nicht, wie die weitere Entwicklung zeigte: zunächst nominierte die SPD je neun ihrer Mitglieder als Kandidaten (BZ vom 9. Mai), und nach geraumer Zeit gab es auch eine Liste der USP. Der Schulvorstand ließ beide Listen zu – ob es auch andere Bewerber gegeben hatte, war der BZ nicht zu entnehmen.

Komplettiert wurde der achtzehnköpfige Elternrat durch sechs Vertreter der Lehrerschaft, darunter die beiden Rektoren Brüdt und Dau, die ihre Mandate aber niederlegten, als ihnen klar wurde, dass keiner von beiden zum Vorsitzenden gewählt würde (Rektoren blieben sie gleichwohl). Es wurde überhaupt nur ein Vorsitzender gewählt und ein gemeinsamer Vorstand für beide Schulen (BZ vom 1.  und 2. September), der dann eine „Beratungsstelle“ für schulische Angelegenheiten einrichtete. Auf den folgenden Sitzungen ging es um die Schulspeisung, die schulärztliche Untersuchung und den „Kampf gegen Schundliteratur und Kino“, aber auch um pädagogische Reformen wie die Schaffung einer „Hilfsklasse f. Schwachbefähigte“ und die Einrichtung leistungsdifferenzierter Züge (BZ vom 22. September und 25. November). Über parteipolitische Differenzen in der Elternvertretung wurde nichts berichtet.

Lange Bestand kann aber dieser Elternrat nicht gehabt haben: nach den Ende November erlassenen Bestimmungen der preußischen Staatsregierung musste jede Schule ihren eigenen „Elternbeirat“ haben. Lehrer durften zwar teilnehmen, aber sie waren nicht Mitglied. Da je 50 Kinder ein Elternvertreter zu wählen war, mussten in Sande zumindest Ergänzungs- und Vorstandswahlen zu den dann zwei Räten stattfinden: die BZ errechnete, dass die beiden Schulen 12 bzw. 13 Elternratsmitglieder haben müssten (BZ vom 25. November).

 

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