Schwieriger Paketversand – Die „Hilfe für deutsche Kriegsgefangene“

Bergedorfer Zeitung, 14. Mai 1918

Den deutschen Kriegsgefangenen in anderen Ländern dürfte es ähnlich ergangen sein wie denen, die in Deutschland in Gefangenschaft waren (zu letzteren siehe den Beitrag Die Lebensbedingungen der Kriegsgefangenen in der hiesigen Landwirtschaft), und über die deutschen war aus der Bergedorfer Zeitung fast ausschließlich dann etwas zu erfahren, wenn die „Hilfe für deutsche Kriegsgefangene, Ortsausschuß Bergedorf“ ein Inserat platzierte oder eine Meldung lancierte.

Bergedorfer Zeitung, 16. Februar 1918

Neben Spendenappellen fanden sich in der BZ Annoncen der Bergedorfer Hilfe für deutsche Kriegsgefangene, in denen meist die Vermittlung von Paketen angeboten wurde, d.h. ein Besteller zahlte den erforderlichen Betrag, der an eine nicht genannte Stelle überwiesen wurde, die dann für den Inhalt und den Versand über ein neutrales Land sorgte – ein Verfahren, das sich in Bergedorf ein Schwindler zunutze machte, der sich mit dem von ihm eingesammelten Geld absentierte (BZ vom 17. Juli 1918).

Der Versand war aber offenbar schwierig, die Bedingungen änderten sich laufend: wenige Tage nach dem Angebot auf Paketvermittlung nach Russland meldete die BZ, dass „mit Rücksicht auf die Zustände in Rußland“ keine Geldüberweisungen dorthin möglich seien und generell die Post vollständig unterbrochen sei (BZ vom 20. Februar 1918) – erst Monate später konnten wieder (offene) Briefe und Postkarten sowie Pakete geschickt werden (BZ vom 11. und 22. Juni 1918). Auch nach England und Frankreich gab es Unterbrechungen des Versands der Einheitspakete mit Lebensmitteln und Rauchwaren (BZ vom 25. März 1918), nach England konnten zeitweise nur Zigarren und Zigaretten, aber keine Lebensmittel, nach Frankreich nur Lebensmittel, geschickt werden, wie die Anzeige vom 14. Mai belegt.

Bergedorfer Zeitung, 28. Juni 1918

Die Nachfrage nach den Diensten der Bergedorfer Hilfsorganisation war so groß, dass die Arbeit nicht mehr nur ehrenamtlich geleistet werden konnte: per Anzeige suchte der Vorsitzende des Ortsausschusses, Hermann Berndt, eine qualifizierte Teilzeitkraft für die anfallenden Schreibarbeiten.

Zu tun gab es sicher genug, obwohl man nicht weiß, wie viele Pakete vermittelt wurden – der Ortsausschuss versorgte selbst mittellose Gefangene, die keine Angehörigen hatten bzw. deren Familien solche Pakete nicht bezahlen konnten. Das Geld dafür hatte er aus Spenden, über deren Herkunft regelmäßig in „Gabenverzeichnissen“ Rechenschaft abgelegt wurde: im ersten Quartal 1918 kamen 3.986,13 Mark zusammen (damit insgesamt seit 1916: 25.568,63 Mark), u.a. aus den öffentlichen Kassen Bergedorfs, Geesthachts und Sandes sowie mehrerer Gemeinden aus der Landherrenschaft, aber auch von zahlreichen Kleinspendern (BZ vom 4. Mai 1918). Der ansehnlich erscheinende Betrag relativiert sich, wenn man die einzig verfügbare Angabe zum Preis eines Pakets heranzieht: laut Inserat sollten „Weihnachtspakete mit Eß- und Rauchwaren für deutsche Gefangene in England“ 20 Mark pro Paket kosten (BZ vom 3. Oktober 1918).

Auch Kriegsgefangene in Deutschland wurden mit Gaben aus der Heimat bedacht, wie bereits dem Beitrag Die Saatkartoffeln und die Sabotage zu entnehmen war.

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