ciberaForscherWiki: Forscherdatenbank als ViFa-Modul

Veröffentlicht am von in der Kategorie Fachportale.

Um einen weiteren Beitrag zum fachlichen Austausch innerhalb der Virtuellen Fachbibliotheken zu leisten, möchte ich gerne hier im Webis-Blog vorstellen, welche Erfahrungen wir nach etwa zweieinhalb Jahren mit dem ciberaForscherWiki gemacht haben. Die Fragen, die in diesem Zusammenhang beantwortet werden sollen, sind: Wie baut man so etwas auf? Wie kommt man an die Forscherdaten? Macht ein solches Modul als Teil einer Virtuellen Fachbibliothek Sinn, wird es vom anvisierten Zielpublikum genutzt und wenn ja, welche über die reine Steigerung der Nutzungszahlen hinausgehenden Vorteile bietet das? Es versteht sich von selbst, doch soll es hier eigens erwähnt werden: es kann wegen der unterschiedlichen fachlichen Ausrichtungen keine allgemein übertragbare Handlungsempfehlungen für alle Virtuellen Fachbibliotheken geben, sondern es soll lediglich der Ansatz von cibera aufgezeigt werden, damit an diesem Weg interessierte Kolleginnen und Kollegen abwägen können, ob dies eine geeignete Option auch für ihre ViFa darstellt.

cfw-scr Als Mitbetreiber der ViFa Iberoamerika / Spanien / Portugal (cibera) haben wir an der SUB Hamburg eine bereits bestehende Forscherdatenbank zur Lateinamerika-Forschung übernommen, diese inhaltlich erweitert und in eine leicht zu pflegende Struktur überführt. Die Datenbank wurde ursprünglich auf Initiative der ADLAF (Arbeitsgemeinschaft Deutsche Lateinamerikaforschung) von unseren Projektpartnern im GIGA Hamburg aufgebaut und in cibera integriert. In der zweiten Projektphase der DFG-Förderung hat die SUB Hamburg die Datenbank 2009 um zahlreiche Forscherinnen und Forscher, die sich mit Spanien und Portugal befassen, erweitert und in eine Wiki-Struktur überführt. Das ciberaForscherWiki bildet seitdem ein eigenständiges Modul innerhalb der ViFa.

Suche im ForscherWiki nach Fachgebiet und Region Im Ergebnis sind nun über 1.000 ausgewählte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit entsprechenden regionalen Schwerpunkten aus allen Fachgebieten mit folgenden Angaben vertreten und recherchierbar: Adressen, biographische Daten, laufende Forschung, Publikationen. Das Wiki ermöglicht es den Forschenden ihre Einträge ganz leicht und ohne langwierige Einarbeitung selbst zu verändern und aktuell zu halten. Wir haben die einfache Wiki-Suche, die man aus der Wikipedia kennt, durch erweiterte Suchfunktionen ergänzt, die den Bedürfnissen der Fach-Recherche näher kommen. Dazu zählen eine kombinierte Suche nach Fachgebieten und/oder Ländern/Regionen und eine Suche nach Publikationen. Wenn Sie sich für die Umsetzung der Suche interessieren, kann ich ihnen die Lektüre der Vorstellung des ForscherWikis im ciberaBlog empfehlen.

Die große und durchweg positive Resonanz auf unsere Anschreiben an die Wissenschaftler, gefolgt von zahlreichen Überarbeitungen und Ergänzungen der in einheitlicher Datenstruktur (Forschungsschwerpunkte, Werdegang, Publikationen…) vor angelegten Wiki-Artikel durch die Forscher, haben uns gezeigt, dass es möglich ist gemeinsam eine fachliche Forschungsübersicht aufzubauen, die von der Fachwissenschaft akzeptiert und aktiv unterstützt wird. Die bis heute kontinuierlich hohe Anzahl von monatlichen Aufrufen – durchgehend im fünfstelligen Bereich –, die fortlaufenden Wünsche nach Neuaufnahmen (siehe Antrag auf Aufnahme) und die zahlreichen inhaltlichen Überarbeitungen durch die Forschenden seit der Etablierung des ciberaForscherWiki (transparent zu sehen durch offene Verlinkung der „Letzten Änderungen“ auf der Startseite) belegen dies.

Ein wichtiger Grund, warum wir uns für ein mit MediaWiki realisiertes Wiki entschieden haben, war – neben der Auswahl einer OpenSource-Software mit weltweit aktiver Community – der Ansatz, es den Forschern so leicht wie möglich zu machen, die fortlaufende Aktualisierung der Daten selbst zu übernehmen. Die Edit-Funktion ist den meisten Wissenschaftlern schon von der Wikipedia her bekannt, und wenn nicht, ist sie mit minimalem Aufwand schnell und leicht verständlich zu erlernen. Selbst hartnäckigste Antworten – meist von betagteren Wissenschaftlern – im Sinne von „Machen Sie das bitte für mich, ich kann das nicht“, werden von uns stets freundlich aber bestimmt mit dem Hinweis beantwortet, dass die Aktualisierung der Daten im Wiki auch für die Nutzer einfacher ist, als der Bibliothek eine umständliche E-Mail oder einen Word-Text mit Änderungswünschen zu schicken. Der Hinweis, dass dieses Modell der gemeinschaftlich erarbeiteten Wissensbasis nur funktionieren kann, wenn alle Beteiligten dabei mitarbeiten ihre eigenen Daten auf dem neuesten Stand zu halten, ist in den meisten Fällen auch auf Verständnis gestoßen. Es soll dabei nicht verschwiegen werden, dass ein gewisser Anteil nicht mitarbeitet (weil er die Notwendigkeit der Darstellung seiner Forschungsarbeit nicht sieht oder diese nicht braucht). Aber auch hier soll ein Software-Vorteil von MediaWiki nicht unerwähnt bleiben: es lässt sich eine Liste der am längsten nicht bearbeiteten Wiki-Artikel anzeigen, sodass „Karteileichen“ ohne großen Rechercheaufwand ausfindig gemacht werden können. Wenn Forscher über einen längeren Zeitraum nicht mitarbeiten, kann man sie so leicht als Gruppe erkennen, letztmalig ansprechen und eine Löschung ihrer Einträge avisieren. Denn, machen wir uns nichts vor: nur eine aktuell gehaltene Expertenübersicht erfüllt ihren Zweck. Und lieber eine aktiv partizipierende Community, als das Mitschleppen veralteter Daten.

Die eingangs angesprochene Frage, welchen Vorteil eine Forscherdatenbank einer ViFa bringt, soll gegen Ende dieser Ausführungen beantwortet werden: Mit einer fachlichen Übersicht bietet man der Fach-Community einen Mehrwert an, der Kontakte herstellt, die dazu genutzt werden können, die weiteren Module zu bewerben (Stichwort: „Kennen Sie eigentlich unser Blog?“ oder auch „Diese oder jene Info finden Sie in unserem Fachinformationsfüher“ etc.). Nachfragen von Wissenschaftlern, wie etwa „Kann ich eine Forschungsveranstaltung auch im Wiki bewerben?“, leiten wir um ins Blog und laden die Wissenschaftler zum Gastbeitrag ein. Gute Volltexte, die in der Publikationsliste verlinkt werden, nehmen wir in unseren Fachinformationsführer auf. Sie sehen: die modulare Struktur kann in vertretbarem Zeitaufwand zur gegenseitigen Befruchtung der einzelnen Module einer Virtuellen Fachbibliothek beitragen.

Deutsche Welle Amerika Ein weiterer Vorteil, der den Kreis der an cibera interessierten Nutzer enorm erhöht hat, ist die Presse: auch von Journalisten ist das ForscherWiki mit Interesse aufgenommen worden, da sie über die Suche relativ einfach einen Ansprechpartner für ein bestimmtes Sachgebiet mit regionalem Schwerpunkt ausfindig machen können. Die Deutsche Welle Amerika hatte deshalb 2009 – relativ kurz nach seinem Start – das ciberaForscherWiki prominent auf der Startseite von Deutsche Welle Amerika verlinkt (siehe Screenshot links, auf Klick in groß), was unsere Reichweite nochmals enorm erhöht hatte. Und nicht zuletzt sind es die Wissenschaftler selbst, die uns positives Feedback geben: Sie freuen sich, dass sie über das Wiki erreicht bzw. gefunden werden, einige werfen sogar ein Auge auf die Aufrufzahlen ihres Wiki-Artikels, die am Fuße jeder Seite angezeigt werden, und manche kommentieren gegenüber cibera, dass ihr Wiki-Artikel häufiger aufgerufen werde, als ihre Website. Was kann es Besseres geben für eine Bibliothek, die ein bestimmtes Sondersammelgebiet vertritt, als auf diesem Wege mit ihrer Fachcommunity verbunden zu sein.

Dieser Bericht ist länger als ursprünglich beabsichtigt geworden und hat doch womöglich die ein oder andere Frage offen gelassen. Sollten Sie im Mai zum Bibliothekartag nach Hamburg kommen (22.-25.5.2012), lade ich Sie ein, am Stand der SUB Hamburg vorbei zu kommen, wo ich das ForscherWiki präsentieren werde (der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest). Oder sprechen Sie mich gerne am Bibliothekartag darauf an.

5 Kommentare

  1. Hartmut Bergenthum

    Was ich aber nicht verstehe ist, warum die Forscher nicht als „Benutzer“ des Wiki auftauchen (http://wiki.cibera.de/index.php/Spezial:Benutzer). Ohne Anmeldung geht eine Änderung des Profils ja nicht und auch in den paar stichprobenartigen „Versionsgeschichten“ scheint nur eine sehr begrenzte Zahl von Personen zu editieren. Also wie funktioniert die fortlaufende Aktualisierung der Daten durch die Wissenschaftler selbst, ohne dass sie Spuren im Wiki hinterlassen?!

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  2. Markus Trapp

    Herr Bergenthum, die Forscher haben eine gemeinsame Redaktionskennung, über die sie ihre Artikel bearbeiten. Dass es regelmäßige Aktualsierungen der einzelnen Artikel gibt, sieht man an der oben im Bericht angesprochenen offenen Verlinkung der letzten Änderungen. Gegen Semesterende ist die Aktualisierungsfrequenz allerdings geringer als in den Semesterferien, wo die Wissenschaftler eher Zeit haben, ihre Daten auf den neuesten Stand zu bringen.

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  3. Hartmut Bergenthum

    Danke, jetzt ist es klar. Auf die Idee einer gemeinsamen Kennung im MediaWiki-Kontext war ich bisher noch nicht gekommen – bzw. ist mir bisher noch nicht begegnet, daher mein Staunen.

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  4. Hartmut Bergenthum

    Und gleich noch eine Frage: Wir haben in der ilissAfrica-Nachwuchs-Datenbank eine Mailfunktion eingebaut, mit der Mails an alle, an einzelne oder an bestimmte Gruppen bezogen auf ein Suchergebnis geschickt werden können (z.B. an alle zu Westafrika forschenden Nachwuchswissenschaftlern: http://www.ilissafrica.de/nn/search.html?f0=0&v0=&o1=AND&f1=1&v1=&o2=AND&f2=2&v2=&o3=AND&v3=0605005nn&search=1 ). Geht sowas mit dem MediaWiki auch? Fänden Sie so etwas für Ihre Zielgruppen sinnvoll?
    Die erweiterte Suche finde ich übrigens sehr gelungen. Wir arbeiten ja auch mit MediaWiki für unser Tutorial (http://wiki.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/UB_AFRICA_LIB/index.php/African_Studies-Informationskompetenz) und von daher mein Interesse am Detail.

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  5. Markus Trapp

    Ich danke Ihnen für das Interesse (und den interessanten Hinweis auf das Verfahren bei ilissAfrica). Nun bin ich leider gerade auf dem Sprung in den Urlaub, daher nur noch eine kurze Antwort: eine fachlich gezielte Ansprache ist sicher interessant. Mir ist nicht bekannt, dass so etwas über MediaWiki von Haus aus möglich wäre, aber sicher ist es relativ leicht realisierbar durch eine entsprechende Abfrage der dahinter liegenden MySQL-Datenbank passend gestaltete Mailverteiler zu erzeugen (sprich: Abfrage des Datenbestandes nach Kategorien bzw. nach sonstigen gewünschten fachlichen oder regionalem Kriterien und Erzeugung entsprechender Mailverteiler).

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