ViFas: (Wie) Weiter?

Veröffentlicht am von in der Kategorie Fachportale.

Auf dem 101. Bibliothekartag in Hamburg gab es am 23.05.2012 in der Session „Besondere Sammlungen in Bibliotheken“ zwei Vorträge zu Virtuellen Fachbibliotheken.

Jürgen Christof und Jens Wonke-Stehle (beide SUB Hamburg) stellten dar, dass ViFas in ihrer aktuellen Form zur Disposition stehen. Sie zeigten auf, dass die Ende der 1990er Jahre aufgestellten Grundannahmen zur Konzeption von Virtuellen Fachbibliotheken längst keine Gültigkeit mehr besitzen und sich die meist sehr geringe Nutzung und der schlechte Bekanntheitsgrad von ViFas daraus ableiten. Dem Zwischenfazit, ViFas wären gescheitert und sollten abgeschaltet werden, begegnen sie mit dem Vorschlag neuer Grundannahmen für das Konzept der Virtuellen Fachbibliotheken.

Ralf Depping (USB Köln) stellte ergänzend in seinem Vortrag noch mal kurz die Entstehungsgeschichte der ViFas als Portale der Sondersammelgebiete dar. Er gab einen Überblick über die  seitens der DFG formulierten Aufgaben der ViFas und deren  zentralen Module und benannte die vermeintlichen Erfolgsfaktoren für ViFas.

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Beide Vorträge zielten letztlich darauf ab, dass sich die ViFa-Verantwortllichen auf ihre Kernkompetenzen besinnen sollten und anstatt eines „One-Stop-Shops“ (nach)nutzbare Einzelmodule und Dienste aufbauen sollten, die dort eingebunden werden können, wo sich die NutzerInnen aufhalten. Absehbar ist, dass die von der DFG geplante Neuaufstellung des SSG-Systems und der Virtuellen Fachbibliotheken tatsächlich ein Stück in diese Richtung gehen wird.

Was ist Ihre Meinung dazu? Wie kann und soll es weiter gehen mit den ViFas?

 

10 Kommentare

  1. Michael Hohlfeld

    Ich mache mal den Aufschlag für eine Diskussion und provoziere ein wenig:

    „vifanord stellt für jeden Student, Wissenschaftler und Interessierten der sich mit Nordeuropa und dem Ostseeraum beschäftigt eine gute Recherche-Grundlage und Austauschplattform dar.“ So steht es im Beitrag „vifanord – Bibliothek mal anders“ im Eisbrecher-Blog, einem Projekt zu Nordeuropa-Studien im Web 2.0 an der HU Berlin. Im Biblioblog der Hochschule Hannover wird unter der Überschrift „Ein paar Fragen zu… EconBiz!“ eine andere Virtuelle Fachbibliothek kurz vorgestellt. Dort heiß es u.a.: „EconBiz enthält nicht nur den Bestand einer Bibliothek, sondern verzeichnet möglichst vollständig alles, was es auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften gibt.“

    Beide Beiträge zeigen (mal wieder) eindrucksvoll auf, was ViFas sein sollen (wahlweise wollen oder müssen) und wie sie wahrgenommen werden (wohl auch eher wahrgenommen werden wollen/sollen/müssen).

    Wir wissen, dass ViFas diese Ansprüche längst nicht mehr erfüllen können (wenn sie es denn jemals konnten). Wobei das EconBiz sicher eher kann, als die vifanord (stellvertretend für eine Vielzahl anderer ViFas). Im direkten Vergleich oder besser in einem Battle der hier genannten Portale EconBiz und vifanord (natürlich nicht auf inhaltlicher/fachlicher Ebene, sondern bezüglich Zukunftsfähigkeit) würde ich sagen: vifanord abschalten und aus bzw. um EconBiz (weiter) Dienste entwickeln.

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  2. Jens Wonke-Stehle

    Ich schlage eine weitere Diskussionsrichtung vor:
    Statt Portale zu vergleichen, würde ich gerne über Dienste reden. Dann kämen wir zu einer Situation, in der man sagen könnte: „Der OLC-SSG-Viewer / das Recherche-Widget, die App der Bibliothek X ist wirklich gut gelungen und wird bereits in so und so vielen Webseiten verwendet. Sie finden die Quellen hier. Beteiligen Sie sich gerne an der Weiterentwicklung. Oder alternativ: beteiligen Sie sich finanziell an der Pflege und Bereitstellung dieses Querschnittsdienstes und bekommen Sie Aktualisierungen frei Haus“.
    Das würde den Gedanken von Ralf Depping aufgreifen, der ja vorschlägt, analog zur Fernleihe auch die elektronischen Dienste als Dienstleitung der SSG-Bibliotheken für das ganze Bibliothekswesen zu sehen. Diesen Gedanken sollten wir weiterspinnen. Welche Teile von existierenden ViFas lassen sich in dieser Weise auskoppeln? Was könnten passende Kooperationsmodell sein? Usw…

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  3. Michael Hohlfeld

    Natürlich ist es nicht meine Absicht, hier nun direkte Vergleiche zwischen Portalen zu machen und eine Liste ausfzustellen, welche weg können und welche weiter machen können. Das wäre tatsächlich sehr kontraproduktiv und unfair und der vifanord tue ich damit Unrecht. Aber tatsächlich sind doch die Vorraussetzungen bei den verschiedenen ViFas/Portalen bzw. bei deren Betreibern sehr unterschiedlich. Es gibt welche, die haben in ihrer jetzigen Form und mit den Teils schon existierenden Diensten drumherum vielleicht eine größere Daseinsberechtigung und Zukunftsfähigkeit als andere.
    Selbstverständlich muss die Frage sein, was können die Dienste sein, die die einzelnen SSG-Bibliotheken für ihre jeweilige Community und für die „Allgemeinheit“ anbieten können, welche Dienste/Module lassen sich auskoppeln, wie Jens sagt, und in verschiedenen Kontexten nachnutzen?
    Ich möchte darüber hinaus die Frage stellen (bzw. in Frage stellen), ob solche Dienste/Module tatsächlich ihren eigenen Rahmen, ihr eigenes Label in Form einer eigenständigen ViFa / eines Portals benötigen.

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  4. Ilona Riek

    Bevor wir uns Gedanken darüber machen, welche ViFas „wegrationalisiert“ werden können oder welche Module wir anbieten/ auskoppeln wollen, sollten wir die jeweiligen Fachgemeinschaften fragen, welche Dienste sie wirklich brauchen bzw. nützlich finden. Ansonsten sind wir wieder beim üblichen „Bibliothekare wissen, was Wissenschaftler wünschen“ und das hat schon in der Vergangenheit nicht funktioniert. Ein Problem der ViFas ist m.E., dass wir ViFa-Betreiber unseren Zielgruppen oft nicht das anbieten (können), was sie benötigen.
    Den Gedanken der Modularisierung und der Nachnutzbarkeit auf anderen Webseiten finde ich grundsätzlich nicht schlecht. Unter Nutzungsgesichtspunkten frage ich mich jedoch, ob es wirklich etwas bringt, wenn Dienste, die bislang wenig nachgefragt werden, aus einem Portal ausgekoppelt und separat angeboten werden. Funktionieren kann dies, denke ich, nur bei Angeboten, die auch vorher schon relativ gut genutzt wurden.
    Nach meinem Dafürhalten ist es für die fachliche Recherche dennoch durchaus sinnvoll, wenn die unterschiedlichen fachlich relevanten Module an einer Stelle zu einem Fachservice (wie auch immer das Kind denn heißen mag: ViFa, Fachportal, Fachinformationsseiten, …) zusammengeführt werden.

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  5. Hartmut Bergenthum

    Folgende Punkte möchte ich zur Diskussion beitragen:
    Die Virtuellen Fachbibliotheken sind nicht ohne das SSG-System zu denken. Sie waren und sind eine Antwort auf die rasante Entwicklung des Internets, ein Versuch traditionelle Aufgaben der SSGs ins Internet zu bringen und dort adäquat zu erweitern. Der (erweiterte) Bestandsaufbau der SSG-Bibliotheken ist eine Dienstleistung, die nicht ohne Not aufgegeben werden sollte.
    Angesichts der Informationsflut im Internet kann und sollte es Aufgabe der SSGs sein, fachbezogene Orientierung zu geben, Forscher und Studierende an die Hand zu nehmen, sie durch die verwirrende Möglichkeitsvielfalt zu leiten. Da sind ausgewählte und intellektuell erschlossene Weblinks (z.B. in Academic LinkShare) kein schlechtes Angebot. Auch der Zugang zu verteilten Ressourcen über die SSG-Bestände hinaus mittels der Metasuche leistet hier einiges. Als solche Service-Erweiterung der SSGs gedacht, machen die Virtuellen Fachbibliotheken immer noch Sinn.
    Der Trend von Wissenschaftsrat und DFG, alle Infrastrukturdienstleistungen sehr viel stärker als bisher an die Forschung (sprich an die Zielgruppen) zu binden, hat viel Charme, bringt aber auch einige Gefahren mit sich. Natürlich ist es besser, Sondersammlungen zu digitalisieren, die die Forschung auch konkret braucht und die ein Anwendungsbedürfnis erfüllen. Bestandsaufbau mit elektronischen und konventionellen Medien eng an die Forschung zu binden, führt aber zu einer Vernachlässigung einer Versorgung für Studierende, für interdisziplinäre Fragestellungen und für Fragestellungen, die zur Zeit nicht im Forschungsinteresse stehen. Wenn diese in wenigen Jahren wieder in den Fokus rücken, dann ist aber die Beschaffung der Titel (teils auch elektronischer Dokumente) eben nicht mehr möglich (z.B. der Buchproduktion in Afrika, aber auch der von europäischen Verlagen nicht mehr nachgedruckten Titel).
    Die Frage der „Zukunftsfähigkeit“ sollte nicht darauf eingeengt werden, gerade schicke Förderlinien, Internetdienste usw. zu bedienen. Ich würde gerne die Analogie zur Lehrbuchsammlung ziehen – diese werden von den Studierenden sehr, sehr gut und gerne genutzt. Viele Professoren aber haben daran absolut kein Interesse und denken nur an ihre eigene Versorgung. Wenn wir unsere Dienstleistungen nur an der Forschung ausrichten, vernachlässigen wir möglicherweise große Teile unserer Zielgruppen.
    Auch Virtuelle Fachbibliotheken kann man theoretisch zu Virtuellen Forschungsumgebungen weiterentwickeln. Aber angesichts der extrem hohen Spezialisierung innerhalb der einzelnen Disziplinen (z.B. Botaniker, Zoologen, Mikrobiologen, … innerhalb der Biologie) müssen sehr viel mehr und hochspezialisierte Virtuelle Forschungsumgebungen in sehr engen Forschungskontexten entstehen, die wiederum nur sehr schwer von anderen nachnutzbar sind. Virtuelle Fachbibliotheken können und sollten dafür Basisdienste bereitstellen, die integriert werden. Eine einfache Transformation bzw. ein Ausbau aber funktioniert nicht, da es nicht gelingen wird, beispielsweise ilissAfrica sowohl zu einer linguistischen Korpusverwaltung und Analysedatenbank für die Afrikanisten als auch zu einem Instrument für die Erfassung und Analyse ethnologischer Feldforschungsdaten zu machen. Hier sollten SSG-Bibliotheken, SSG-Bibliothekare und Virtuelle Fachbibliotheken sich nicht selbst überfordern und aussichtslose Spagate meiden.
    Außerdem ist es mehr als fraglich, ob Forscher vom Standort X mit der SSG-Bibliothek am Standort Y zusammenarbeiten wollen – der Konkurrenzkampf der Standorte (nicht nur um Exzellenz) verhindert hier oft Kooperationen und Zuarbeiten von Seiten der SSGs. Selbst Exzellenzcluster nutzen manchmal nicht die vorhandenen Bibliotheksressourcen am eigenen Standort, um für sich selbst eine maximale Sichtbarkeit ihrer „Marke“ zu erzwingen. Auch diese politischen Rahmenbedingungen sind nicht zu vernachlässigen, wenn man über die Rolle der SSGs und der Virtuellen Fachbibliotheken nachdenkt.
    Zum Thema der „sehr geringen Nutzung“ und dem schlechten „Bekanntheitsgrad“ möchte ich kritisch anmerken, dass ein Blick auf die Inlink-Zahlen nicht ausreicht. Vor allem nicht, wenn man die Zahl der Links auf die Virtuelle Fachbibliothek nicht in Relation zu der Größe der möglichen Zahl der Links setzt (etwa Zahl der Forschungsinstitute, Zahl der Professoren/Institute mit eigener Website, Zahl der Fachschaften, wo man sich Links auf die Virtuellen Fachbibliothek wünschen würde). Und dann gibt es noch einen großen Unterschied zwischen dem tatsächlichen Traffic, den ein Inlink generiert, etwa bringt nach unseren Logfiles ein Link in einschlägigen Wikipedia-Artikeln sehr viel mehr Traffic, als ein Link auf einer Seite einer einschlägigen Fachbereichsbibliothek.
    Man sollte sich insgesamt davor hüten, Ansprüche an Virtuellen Fachbibliotheken zu stellen, die diese nie erfüllen sollten. Auf die eine oder andere Art hätten sich rund um die SSGs so oder so etwas wie die Virtuellen Fachbibliotheken gebildet (Linklisten, Metasuchen, LOTSEs usw.), insofern macht(e) die Förderlinie der DFG durchaus Sinn. Dass man es manchmal mit dem Zwang etwas übertrieben hat (SSG bekommt Mittel gesperrt, weil es noch keine Virtuelle Fachbibliothek aufbaut), ändert daran nichts.
    Insgesamt scheint hier die SSG-Reform mit einer Flexibilisierung des Mitteleinsatzes und damit auch der Möglichkeit, schneller auf den rasanten Internet-Wandel reagieren zu können, in die richtige Richtung zu gehen.

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  6. Stefan Rauhut

    Dankbarerweise kommt einerseits durch das unermüdliche Engagement einiger (norddeutscher) KollegInnen und andererseits durch die nun vorliegenden Rahmenkonsequenzen, die aus der SSG-Evaluierung gezogen wurden, mal wieder etwas Bewegung in das System der Spitzenversorgung. Der Gegenstand und auch die hier begonnene Diskussion sind insgesamt zu komplex, um allen Aspekten in einem Kommentar gerecht zu werden bzw. zu begegnen. Allerdings sitzt die „Provokation“ und auch die Entgegnungen beinhalten eine Menge Anreize, die einen Praktiker der überregionalen Literaturversorgung zur Teilnahme an dieser Diskussion regelrecht nötigen. Bei (subjektiver) Betrachtung der hier vorgetragenen Positionen und angetippten Details lässt sich durchaus ein verbindender roter Faden finden. Ich will versuchen, diesen an seinen Enden aufzunehmen:

    Was in den Kommentaren zum Teil sehr klar durchscheint, ist eine (meiner Meinung nach) völlig überholte weil trennende Perspektive auf SSGs und ViFas zugleich. Dass wir es als Praktiker der überregionalen Literaturversorgung selbst sind, die diese unnötige Differenzierung pflegen und immer weiter tragen, ist wirklich bedenklich. Die Expertenkommission zur SSG-Evaluierung zum Beispiel hat diese Position explizit immerhin schon vor einem Jahr aufgegeben. Natürlich sind die ViFas nicht ohne die SSGs denkbar. Aber wen interessiert heute noch ein SSG, das keine digitale Verlängerung aufweist? Vielleicht jene (zum Teil sehr überschaubare Zahl) tägliche(n) NutzerInnen, die jene altehrwürdigen Versorgungseinrichtungen des Spitzenbedarfs ausschließlich in Form physischer Präsenz konsultieren. Dieser Typus User und Stakeholder ist heute allerdings zu einer Minderheit geworden. Dies ist das eine Ende des roten Fadens: SSGs und ViFas sind untrennbar! Und es wird offen gesagt Zeit, dass beide Begriffe verschwinden und einem gemeinsamen Platz machen. Nach 15 Jahren terminologische Dualität ist klar, dass diese keinen Sinn macht.

    Wenn man ViFas vergleicht, dann sollte man diese Vergleiche auf eine adäquate Grundlage stellen. Für mich bedeutet dies vor allem, dass man sich auch einmal vor Augen hält, mit welchen verfügbaren Mitteln und Möglichkeiten gegenwärtig Dienste von den einzelnen Trägereinrichtungen bereitgestellt werden. Ein Blick in die Deutsche Bibliotheksstatistik – gerade hinsichtlich der Wandlungen in den Bereichen Sach- und Personalausstattung seit dem Jahrtausendwechsel – hilft durchaus, Äpfel und Birnen auszumachen. Während die (föderalen) Äpfel einer Obstsorte angehören, die sich lediglich auf dem Nährboden (prekärer, weil unsicherer) Drittmittelsubstrate halten kann, steht es um die (nationalen) Birnen doch deutlich besser, da diese nicht von Fördertopf zu Fördertopf verpflanzt werden müssen, sondern mit erheblich größerer Sicherheit auf dem soliden Boden stabiler Haushalte stehen. Warum fragt eigentlich niemand – wie es für das Benchmarking außerhalb des Öffentlichen Dienstes durchaus üblich ist – nach der Vergleichbarkeit der (Arbeits- und Struktur-)Bedingungen unter denen Literaturversorgung des Spitzenbereichs heute stattfindet? Nein, wir schauen lediglich auf den Output und denken damit zu wissen, dass die „Unterlegenen“ etwas falsch machen. Das ist das zweite Ende des roten Fadens, der in dieser Eigenschaft mit der berühmt-berüchtigten Wurst aus dem allseits bekannten 80er-Jahre-Hit verwandt ist.

    Im Spannungsfeld dieser beiden Enden lassen sich dann zahlreiche der hier ebenfalls vorgetragenen Argumente und Aspekte verorten: Vielleicht ist econbiz so nah am Bedarf dran, weil man in Kiel auf keiner strikten Trennung zwischen SSG- und ViFa-Aufgaben insistiert? Das heißt wohlgemerkt nicht, dass man dies in Greifswald tut! Unter Umständen schrumpfen im Vergleich zu Kiel in Greifswald die verfügbaren Ressourcen. Vielleicht ist es auch in so mancher SSG-Bibliothek heute schon normal, was in anderen wissenschaftlichen Bibliotheken Usus ist, nämlich, dass Fachreferenten drei, fünf oder auch sieben Fachgebiete zu betreuen haben? Natürlich ist der Ansatz richtig, die Arbeiten der Einrichtungen der überregionalen Literaturversorgung, deren Services und Leistungen allen anderen Bibliotheken zugänglich zu machen, natürlich ist es notwendig, kostenintensive Arbeiten konsequent nach zu nutzen. Nur so lassen sich systematisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll sowohl der Spitzen- als auch der (studentische) Grundbedarf befriedigen.

    Aber wir können doch nicht wirklich so tun, als bestünden gegenwärtig auch nur im Ansatz vergleichbare Rahmenbedingungen für die beteiligten Einrichtungen und Personen. Und wir können auch nicht so tun, als würden wir schon immer die richtigen Begriffe von SSG und ViFa zugrunde legen. Wenn wir auf dieser Basis nun auch weiterhin versuchen, über den (dezentralen und bedingt koordinierten) Aufbau und Ausbau von VFUs dem nächsten Makrotrend hinterher zu rennen, werden wir am Ende in genau jener national-regionalen Verteilung wie nach knapp 15 Jahren ViFa-Förderung auf der Asche verbrannter Drittmittel sitzen und uns vorhalten, was andere besser bzw. schlechter gemacht haben.

    Natürlich ist die Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Wissenschaftler sowie Wissenschaften angezeigt und muss als Ziel verstanden werden. Es gibt aber einen durchaus ermittelbaren bibliothekarischen bzw. ganz pragmatischen Grundbedarf, um eine Informationsinfrastruktur zu etablieren, weiter zu entwickeln und zu pflegen. Ich denke, an dieser Stelle sollten wir (SSGs, ViFas, national und regional) gemeinsam ansetzen. Idealerweise entstehen so auch direkt die Grundlagen für eine wirkliche Nachnutzung, die wirklich als das Grundprinzip der überregionalen Literaturversorgung etabliert werden sollte.

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  7. Matthias Kaun

    Die vermeintliche Trennung zwischen SSG und ViFa ist aus meiner Sicht seit Jahren überholt, wobei aber klar ist, dass mit dem Anstoß, ViFas zu entwickeln, der Projektgedanke im Vordergrund stand. Das noch heute gültige Core-Set an ViFa Modulen konnte bislang nicht einfach umgangen werden, wobei aber wohl jedem klar sein könnte, dass so manche Dinge im Jahr 2012 wirklich nicht notwendig sind, bzw. die Aufgaben heute definitiv anders angefasst werden sollten.
    Eine ViFa, wenn wir bei diesem Namen bleiben wollen, ist aus meiner Sicht nichts anderes als eine elektronische Repräsentanz eines nationalen Angebots und Auftrags. Und die nationale Aufgabe hat ihren Ursprung im Bereich der SSGs; zukünftig wird die Aufgabe Veränderung erfahren. Aber es ist doch eindeutig erkennbar, dass wenn ein SSG oder ViFa keinen Zugriff (ich meine hier wirklich Zugriff und nicht nur bibliographische Informationen) auf den zu verantwortenden Bereich bieten kann, dass die Aufgabe nur teilweise wahrgenommen werden kann. Gleichzeitig dürfte, wenn ein Angebot diese Dinge aus welchen Gründen auch immer, nicht die Verzahnung zwischen Print- und elektronischen Ressourcen gewährleisten kann, die Bekanntheit und Akzeptanz des Angebots seitens der verschiedenen Nutzerschichten nicht den Erwartungen der heterogenen Zielgruppen entsprechen wird können.
    Die „Provokation“ ZBW hier und Vifanord da mag vielleicht auf den ersten Blick schlüssig wirken; es sollte aber nicht vergessen werden, dass die Rahmenbedingungen, in denen wir uns bewegen, seit Jahren eine unglaubliche Vielfalt an (Förder)Möglichkeiten offenbart hat. Natürlich ist es einfacher für eine Bibliothek, die einen großen thematischen Komplex als Aufgabe hat, hier vielfältige Angebote zu erarbeiten und anzubieten, als es für eine Einrichtung, deren Ausrichtung mehrschichtig ist und auch mehrschichtig sein muss. Nichtsdestotrotz, und das habe ich ja aus meinem eigenen Kontext erfahren können, sind die Rahmenbedingungen seitens der Förderer, Ideen umzusetzen so schlecht wahrlich nicht.
    Es wäre absolut unlauter, ähnlich wie damals in den Anfangsjahren der ViFas, jetzt wieder alles über einen Kamm scheren zu wollen. Es gilt aus meiner Sicht das Prinzip der Orientierung an den Bedürfnissen der Klientel und den Möglichkeiten, die einem der Markt bietet. Nur um einer ViFa Willen, bedarf es keines ViFa-Angebots, es sei denn, es würde reduziert werden auf die Zugänglichkeit der SSG-Sammlung mittels link zu Subito.
    Nutzerspezifische Angebote eines (ViFa)Angebots müssen heute die ganze Bandbreite der möglichen Ressourcen bündeln. Neben und Print- und elektronischen Ressourcen müssen die Daten über Suchinstrumente einfach recherchier und dann zugänglich sein; also einfacher und unkomplizierter Fernleihverkehr und daneben Zugang zu den online Dokumenten, die weit über frei verfügbare Ressourcen z. B. aus Repositorien hinausgehen.
    Daneben stellt sich mir aus meinem eigenen Verantwortungsbereich die Frage, wie wir es schaffen können, die weiteren Erwartungen zu erfüllen:
    Können wir überall gleich gut sein? Wie definieren wir unser Kerngeschäft und Kernaufgaben und wie vermitteln wir es der Nutzerklientel? Es ist schwer, sowohl im Bereich Lizenzierung, AAR-Technologie, neue Nachweisinfrastruktren gut zu sein und als daneben dann noch im Bereich Publikationen z. B. über das Betreiben eines fachbezogenen Repositories sich gleichermaßen zu engagieren. Dies sind ja nur zwei Themenkomplexe und ich gehe davon aus, dass nicht wir als Betreiber der Angebote und Verantwortliche der SSG-Aufgabe diese Fragestellung zur Konzentration beantworten werden können. Vielmehr werden wir wesentlich stärker nutzerorientiert gesteuert und gelenkt werden. Wir erstellen diese Angebote ja nicht für uns selbst und unsere Einrichtungen, sondern der Auftrag (auch der zukünftige Auftrag nach der sich abzeichnenden Veränderung im SSG Bereich) ist ganz klar: Wir arbeiten für eine mehr oder minder spezifische Nutzerklientel. Und es kann ja nur sinnvoll sein, Angebote zu machen, die nicht nur gebraucht, erwünscht werden, sondern, die vor allem akzeptiert und genutzt werden. Das herauszubekommen, muss jedes SSG zusammen mit seiner Nutzerklientel abklären. Und ich denke, dass bei einem guten Angebot an die Wissenschaft und einem verläßlichen Betrieb der Infrastruktur, die SSGs wesentlich stäker als bisher in die Projekte der verschiedenen Universitäten hinzugezogen werden (auch keiner immer leichte Aufgabe, dann alles unter einen Hut zu bringen…).
    Diskussionen in bibliothekarischen Blogs, Email-Listen etc. werden da kaum für Klarheit für ein spezifisches SSG sorgen. Das kann im Umkehrschluss aber auch bedeuten, dass es kein wie auch immer geartetes ViFa Angebot geben muss! Letztendlich bedarf es keinem Hinweis von außen (außer aus der Nutzergemeinschaft): Wenn meine Angebote nicht genutzt werden, dann werden sie nicht benötigt und können vom Netz genommen werden. Und wir alle wissen, dass nur wir als Betreiber in der Lage sind, diese Frage zu beantworten. Der tiefe Blick in die Statistiktools hilft hier, eine ehrliche Antwort zu finden. Dennoch, und das ist ja sympathische an Projekten, gibt es keine Garantie, dass alle unsere ViFa Projekte Erfolge oder Misserfolge sind. Ein Misserfolg wäre es aus meiner Sicht nur, wenn wir stehenblieben und nicht gemäß der Nutzungsklientel und deren Erwartungen steuern würden.

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