Am 26.8.2014 traf sich eine Gruppe von zehn ganz unterschiedlichen Menschen im Handschriftenlesesaal der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, um an einem facettenreichen Stadtrundgang „im Kielwasser“ des Hamburger Schriftstellers, Orgelbauers, Architekten, Baumeisters, Komponisten, Hormonforschers und Landwirts Hans Henny Jahnn (1894-1959) teilzunehmen.
Herr Dr. Amtstätter, in der Stabi zuständig für Nachlässe, Autographen und die Hamburger Klopstock-Ausgabe, präsentierte zu Beginn des Rundgangs im Handschriftenlesesaal eine Reihe von kostbaren Originalen aus den Archiven der Bibliothek, auf die im Laufe des Nachmittags immer wieder Bezug genommen wurde. Am Beispiel einer Passage aus „Fluss ohne Ufer“, die auch eine polyphone Komposition von Jahnn enthält, wurden z.B. die verschiedenen Entwicklungsstadien des Romans vom handschriftlichen Entwurf in einfachen Schulheften über Typoskripte mit Randnotizen von Hans Henny Jahnn und Judith Karasz bis hin zu Druckfahnen und dem fertigen Buch dargestellt. Gleichzeitig bot sich damit aber auch ein interessanter Blick hinter die Kulissen einer wissenschaftlichen Landesbibliothek, der zeigte, wie aufwändig Restaurierungen und die Erschließung von Nachlässen sind.
Die zweite Station des Rundgangs war die Klopstock-Kirche in Ottensen, deren Orgel Jahnn in den 20ger Jahren mit „re-barockisierte“. Jahnn schätzte Klopstock sehr und hielt in der ihm eigenen Art eine Rede zu dessen 150gstem Todestag, die gespickt war mit Zitaten aus dessen „Messias“. An Klopstocks Grab direkt vor der Kirche hatte die Gruppe Klopstocks eigenes beeindruckendes Messias-Exemplar und Jahnns interessantes persönliches Arbeitsexemplar dieses Werkes noch gut vor Augen. Auch Jahnns ungewöhnliche Architekturzeichnungen aus der Ugrino-Zeit, die mit ihren dicken Mauern an ägyptische Tempel erinnern, haben wahrscheinlich bis heute einen bleibenden optischen Eindruck hinterlassen und kamen am Grabmal der Familie Jahn(n) noch einmal zur Sprache.
Der Weg zum Orgelkonzert in der Hauptkirche St. Jacobi wurde bei strahlendem Sonnenschein mit dem Schiff zurückgelegt. Beim Passieren von Orten mit Bezug zu Jahnns Jugend wurden natürlich auch das „Holzschiff“ und die Exponate zum „Fluss ohne Ufer“ thematisiert.
Die beiden Spieltische „zum Anfassen“ in St. Jacobi und das Orgelkonzert, das mit Werken u.a. von Buxtehude den Kreis zu Jahnns o.g. Komposition aus dem Handschriftenlesesaal schloss, machten den Rundgang endgültig zu einem „Erlebnis für alle Sinne“, wie es eine Teilnehmerin später formulierte.
Wer selbst einmal einen Stadtrundgang im Kielwasser von Hans Henny Jahnn durch Hamburg unternehmen möchte, findet hier (www.kielwasser-jahnn.de ) eine Anleitung und kann als Smartphone-Nutzer sogar das eigene Handy zu einem Audio-Guide umfunktionieren.