Die Hamburger Finanzbehörde gedenkt anlässlich des heutigen 150. Geburtstags an den von den Nazis verfolgten jüdischen Staatsrat Leo Lippmann (1881–1943). Lippmann war von 1920 bis 1933 Staatsrat in der Hamburger Finanzbehörde. Der große Saal der Finanzbehörde ist nach Leo Lippmann benannt, ein Stolperstein auf dem Gänsemarkt erinnert an ihn.
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „Wer die Finanzbehörde betritt, begegnet unweigerlich Leo Lippmann, der heute 150 Jahre alt geworden wäre. Der Stolperstein vor dem Eingang am Gänsemarkt, der nach ihm benannte Saal, die Gedenktafel erinnern an ihn. Leo Lippmann war hochverdienter Staatsrat, von allen demokratischen Parteien der Bürgerschaft seinerzeit geschätzt. 1933 wurde er von den Nazis aus dem Amt entfernt. Weil er Jude war. Er wählte 1943 den Freitod, um einer Deportation nach Theresienstadt zu entkommen. Die Verbrechen des Nationalsozialismus dürfen sich niemals wiederholen. In diesen Tagen müssen wir uns wieder in aller Deutlichkeit gegen Antisemitismus und Hass stellen.“
Die Historikerin und Autorin Ina Lorenz hat eine Biografie Leo Lippmanns mit dem Titel „Ich bin Sohn meiner innig geliebten deutschen Heimat“ geschrieben. Die Publikation ist Teil der vom Verlag Hentrich & Hentrich und dem Direktor des Centrum Judaicum in Berlin, Dr. Hermann Simon, seit 2003 herausgegebene Reihe „Jüdische Miniaturen“.
Ina Lorenz, Historikerin und Autorin der Lippmann-Biografie: „Leo Lippmann war ein deutscher Jude und hanseatischer Patriot. Er liebte seine Vaterstadt und glaubte an die persönliche Zusicherung von Bürgermeister Mönckeberg, die ihm dieser bei Eintritt in die Hamburger Finanzbehörde (1906) machte: „in Hamburg werde der Mensch nur nach Verdienst und Leistung, nicht aber nach Abstammung beurteilt“. Im März 1920 wurde der Jurist Lippmann als erster ungetaufter Jude in der Hansestadt zum Staatsrat (damals Senatssekretär) ernannt und leitete damit in der Weimarer Republik in schwierigsten Zeiten unangefochten die gesamte Vermögens- und Finanzverwaltung der Hansestadt. Im Frühjahr 1933 enthob ihn der NS-Senat in würdeloser Form „als Jude“ seines Amtes – ungeachtet seiner persönlichen Integrität, seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten und seines rastlosen Arbeitseinsatzes. Für Leo Lippmann brach eine Welt zusammen. Leo Lippmann war ein großer Hanseat, der sich um seine Vaterstadt verdient gemacht hat.“
Der Jurist Leo Lippmann begann seine Karriere in der Finanzverwaltung 1906. Im Ersten Weltkrieg wird ihm die Kriegsversorgung der Bevölkerung anvertraut. 1920 wird er als erster Jude in Hamburg zum Senatssekretär (Staatsrat) und zum Leiter der gesamten Vermögens- und Finanzverwaltung der Millionenstadt ernannt. Er hat Hamburgs Finanzen sicher durch das Chaos der Inflation in den zwanziger Jahren und in der großen Rezession in den frühen dreißiger Jahren geführt. Lippmann hatte in dieser Zeit Krisen zu meistern, deren Ausmaß heute nur noch schwer vorstellbar ist. Die Nationalsozialisten entließen ihn 1933 aus dem Staatsdienst. 1935 stellt er sich der Jüdischen Gemeinde als Vorstandsmitglied zur Verfügung und ordnet deren Finanzen. Nachdem am 10. Juni 1943 die Gestapo reichsweit alle jüdischen Gemeinden aufgelöst hatte, suchte das Ehepaar Lippmann am Tag darauf den Freitod. Die Miniatur „Ich bin Sohn meiner innig geliebten deutschen Heimat“ kann z.B. hier: https://www.hentrichhentrich.de/buch-leo-lippmann.html erworben werden.
Quelle: Finanzbehörde