129. Pfingsttagung des Hansischen Geschichtsvereins: Neue Forschungen zu den Hansekontoren (20. – 23. Mai 2013)

Bildnachweis: Karl Pagel, Die Hanse, S. 183Die Kontore, in denen sich die deutschen Kaufleute im Ausland zusammenschlossen und in denen sie in Bergen, London und Novgorod auch lebten, waren die Hauptstützpunkte des hansischen Handels. Sie entstanden zu verschiedenen Zeitpunkten auf Initiative der England, die Niederlande, Norwegen und Russland besuchenden Kaufleute, wurden von den Herrschern dieser Länder reich privilegiert, gaben sich immer strenger und detaillierter werdende Ordnungen für das Zusammenleben und die Organisation des Handels und wurden seit der zweiten Hälfte des 14. Jh.s verstärkt von den Hansetagen kontrolliert. 
Seit dem Ende des 15. Jh.s wurde diese Kontrolle so strikt, dass die Kontore um ihre Eigenständigkeit fürchten mussten. Doch trotz aller Bemühungen der Hansetage und der Kontorvorstände blieben Beschwerden über das ausschweifende Leben in den Kontoren, Privilegienüberschreitungen und Streit mit den Gastländern feste Bestandteile der hansischen Tagfahrten. Mit dem Erstarken der Kaufleute in den Gastländern gerieten die Kontore immer mehr unter Druck, wurde ihre Privilegierung immer umstrittener. In den Auseinandersetzungen um die Kontore treten aber auch die innerhansischen Probleme zwischen den Regionen und deren separate Interessen deutlich zutage. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche als sicher geltende Erkenntnisse zu den Kontoren erfolgreich hinterfragt worden, einige dieser Forschungsergebnisse sollen auf der Wismarer Tagung vorgestellt werden. So werden u.a. die Distributionsrevolution des
15. Jh.s und die Konfliktlösung in den Kontoren thematisiert oder danach gefragt, was aus den Einträgen im Mittelniederdeutschen Wörterbuch über das hansische Denken und Handeln in den Kontoren zu erfahren ist. Erneut stellen zudem junge Hansehistoriker ihre
Arbeiten vor.

Wismar und die Hanse
Als Mitglied der Wendischen Städte gehörte Wismar seit alters zum Kern der Hanse. Der
mehr als 800 Jahre alte Hafen wurde zum Motor der Stadtentwicklung, die seit 1229 fassbar wird. Zuvor lassen sich seit dem 3. Jh. Germanen, später Slawen an der Wismar-Bucht archäologisch nachweisen. Aufgrund ihrer günstigen Lage strebte die mit Lübischem Recht bewidmete Stadt im Schatten der großen Schwester und heutigen Partnerstadt schnell auf, schloss mit benachbarten Städten mehrere Schutzbündnisse und wurde zum aktiven Gestalter innerhalb der Hanse. Gemeinsam mit Rostock erreichte Wismar einen Sonderstatus im Herzogtum Mecklenburg und konnte lange eine recht unabhängige Politik gegenüber den Landesherren verfolgen. Der Wohlstand der Stadt gründete auf dem Braugewerbe. Das hier gebraute Bier versorgte nicht nur Stadt und Umland, sondern wurde in ganz Europa exportiert und sorgte für Innovationen in Wismar. So wurde die bisherige Wasserversorgung durch die „Grube“, einen innerstädtischen Wasserlauf,
durch die von Philipp Brandin gebaute Wasserkunst auf dem Markt ersetzt, die zahlreichen Häusern den Zugang zu frischem Wasser, auch zum Brauen, erschloss. Innerhalb der Hanse engagierte sich Wismar durch die regelmäßige Teilnahme an Hanse- und Wendischen Städtetagen sowie anderen gemeinsamen Aktionen, bei politischem Bedarf wurden Tagfahrten aus Lübeck in die kleinere Nachbarstadt verlegt.
Verbindungen zu England und Flandern sind seit 1271 nachweisbar. Bedeutung für die Stadt erlangte vor allem der Handel mit Norwegen, Schonen und Schweden, in den Kontoren in London, Brügge und Novgorod waren Wismarer weniger aktiv, trotzdem findet sich die hansische Überlieferung zu den Problemen der Niederlassungen auch im Wismarer Archiv.
Nils Jörn

Weitere Informationen zur Veranstaltung und zum Tagesablauf finden sie hier.


Der Verein ist bei allen Veranstaltungen außerhalb
des wissenschaftlichen Programms nur Vermittler, nicht Unternehmer.

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