Wasser für Hamburg

Bergedorfer Zeitung, 24. Juli 1914

Bergedorfer Zeitung, 24. Juli 1914

Für alle, die heute in Hamburg leben, ist sauberes Wasser eine Selbstverständlichkeit – doch vor einhundert Jahren war die Hamburger Cholera-Epidemie des Jahres 1892 noch im allgemeinen Gedächtnis. Erst in den Jahren und Jahrzehnten nach der Epidemie waren erhebliche Anstrengungen unternommen worden, die Hamburger „Stadtwasserkunst“ auf den Stand der Zeit zu bringen und vom ungefilterten Elbwasser auf Grundwasserförderung und –aufbereitung überzugehen. Bergedorf war damals von der Hamburger Wasserversorgung unabhängig: seit 1898 kam das Wasser nicht mehr aus der Bille (mit anschließender Sandfilterung), sondern aus eigens gebohrten Brunnen – detaillierte Informationen über die Entwicklung der Wasserversorgung in Hamburg und seinen Vororten sind auf der Website von Hamburgwasser nachzulesen.
Die im ersten Absatz des Zeitungsartikels genannten „Kirchwärder Brandstätten“ waren nicht einmal drei Wochen vorher bei einem Großfeuer auf dem „Hitscherberg“ entstanden, das zwölf (zumeist reetgedeckte) Häuser und auch Nebengebäude vernichtete – mangels Wasserleitung musste das Löschwasser aus der 300 Meter entfernten Gose-Elbe herbeigeschafft werden.
Letztlich kam das hier beschriebene geplante Wasserwerk nicht nach Kirchwerder; ob die Grundstückspreise den Ausschlag gaben oder die Ergebnisse der Probebohrungen – 1928 nahm das Wasserwerk Curslack den Betrieb auf.

 

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Wachstum und Infrastruktur Bergedorfs

Bergedorfer Zeitung, 15. Juli 1914

Bergedorfer Zeitung, 15. Juli 1914

Das war eine gewichtige Tagesordnung, die die Bergedorfer Kommunalpolitiker vor sich hatten und die die Dynamik der Entwicklung der Stadt im frühen 20. Jahrhundert zeigt. Zu den wichtigsten beratenen und beschlossenen Punkten sollen hier Erläuterungen gegeben werden:
1. Auszug aus dem Schloss
Über Jahrhunderte war das Bergedorfer Schloss Verwaltungssitz, der beiderstädtischen wie der hamburgischen und dann auch der örtlichen – nun sollte die Verwaltung ein größeres Domizil im ehemaligen Gebäude der Hansaschule an der Wentorfer Straße 13 erhalten, das also das erste Bergedorfer Rathaus werden sollte.
2. Ankauf von Petersens Park
Noch heute können die Bergedorfer dankbar sein, dass damals (auch durch einen Zuschuss von 300.000 Mark aus der Hamburger Staatskasse ermöglicht) der auf Wentorfer Gebiet belegene „Petersens Park“ (eigentlich: Schramms und Petersens Park) für 758.000 Mark angekauft wurde, der an das Bergedorfer Gehölz angrenzte und für den Ferien- und Ausflugsort Bergedorf unverzichtbar war.
3. Erweiterung des städtischen Elektrizitätswerks
Seit 1897 wurde Bergedorf durch ein eigenes Elektrizitätswerk (am heutigen Vinhagenweg) mit Strom versorgt – dass nur siebzehn Jahre später die Kapazität nicht mehr genügte, ist Ausdruck des starken Wachstums der Stadt. (Laut Jahresbericht der Verwaltungsbehörden für das Jahr 1913, Kap. XXIX, S. 2 stieg die Einwohnerzahl von 15.431 im Jahre 1912 auf 16.509 im folgenden Jahr – einen historischen Überblick über die Bevölkerungsentwicklung seit 1570 gibt Johann Friedrich Voigt im Anhang seiner Topographischen Nachrichten über die Stadt Bergedorf.) Zugleich sollte die Stromerzeugung auf Dieselmotoren umgestellt werden, was vor allem dem in der Abluftfahne liegenden Villenviertel zugute kommen sollte. Die Planung einer „Warmbadeanstalt“ lässt erkennen, dass es der Gemeinde gut ging. Realisiert wurde diese von den Architekten Distel und Rück vorgeschlagene Kombination allerdings nicht, sondern in den Jahren 1927-29 ein Wannenbad an der Ecke Reetwerder/Ernst-Mantius-Straße.
Man sieht aus diesen Meldungen, dass der neue, erst seit Dezember 1913 amtierende Bürgermeister Dr. jur. et Dr. rer.pol. Paul Walli die Entwicklung Bergedorfs entschlossen vorantreiben wollte – ähnlich wie sein Amtsvorgänger Dr. jur. Hans Lange. Zudem waren in der nach der schweren Erkrankung Langes und seinem Tod fast zweijährigen Vakanz des Bürgermeisteramts viele Entscheidungen unterblieben, sodass der Handlungsdruck offenkundig war.

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Kriegsspiele

BZ50009-Overa

Bergedorfer Zeitung, 11. Juli 1914

Nicht die Militärübung als solche, das Übersetzen vom Nordufer der Elbe, wohl bei Overwerder, ans Südufer unter Beschuss, soll hier erläutert oder kommentiert werden, sondern der Artikel zu diesem Ereignis. „Krieg ist schön“ oder zumindest „Krieg spielen ist schön“ ist der Tenor des Artikels, und auf den Krieg war man ja gut vorbereitet: die Refrainzeile „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ aus dem im Kaiserreich sehr beliebten politischen Lied „Die Wacht am Rhein“ schwang hier im Unterton vernehmlich mit. Die ernüchternde Realität des Krieges folgte wenige Wochen später.

Bemerkenswert ist auch, dass dies kein Bericht der Bergedorfer Zeitung aus eigener Anschauung war, sondern  – siehe Zeile 12 des Artikels – eine Übernahme aus den „Hamburger Nachrichten“, in deren Abend-Ausgabe vom 9. Juli der Artikel wortgleich unter der Überschrift „Ein Übergangsgefecht an der Oberelbe“ erschienen war. Dies zeigt, dass die Bergedorfer Zeitung damals nicht über Lokalreporter verfügte, die einen so detailreichen Artikel hätten schreiben können: die allermeisten lokalen Meldungen, besonders die aus dem Landgebiet, dürften von „nebenberuflichen“ Reportern verfasst worden sein, oft wohl Lehrern, die sich durch die Zeitungshonorare etwas hinzuverdienen konnten.

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Militarismus und Vereinsmeierei

Bergedorfer Zeitung, 3. Juli 1914

Bergedorfer Zeitung, 3. Juli 1914

Die Mitglieder des Bergedorfer Militärvereins Germania gedachten des ermordeten österreichischen Thronfolgers – nicht aber seiner bei demselben Attentat ermordeten Frau.

Auch ansonsten steht dieser Bericht für viele andere, denn Militärvereine, meist in den Jahren und Jahrzehnten nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 gegründet, gab es viele – auf den Seiten der Bergedorfer Zeitung des Jahres 1914 fand ich die folgenden:

  • Militärische Kameradschaft von 1883 zu Bergedorf [Nachtrag: Unter ihren „freien Materialien“ zur App „Weltbrand 1914“ zeigt die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ausgewählte Seiten der „Illustrierten Rundschau“ des „Hamburger Fremdenblatts“ – dort findet sich auch eine Fotografie der Manstein-Gedächtnisfeier am 5. Juli 1914.]
  • Kavalleristen-Verein von Bergedorf und Umgegend
  • Kriegerverein von 1876 (Geesthacht)
  • Militärische Kameradschaft von 1894 zu Neuengamme
  • Militärische Kameradschaft zu Curslack
  • Militärische Kameradschaft Kirchwärder N-S. (Norderseite) u. Umg. von 1899
  • und eben den Bergedorfer Militärverein Germania.

Das „Adreßbuch für Bergedorf und die umliegenden Gemeinden 1912“ nennt weitere: den Offizierverein Bergedorf (Vorsitzender Generalleutnant Exzellenz v. Oertzen) und den Flottenverein, Ortsgruppe Bergedorf, unter dem Vorsitz des Hansaschuldirektors Prof. Dr. Ohly.

Der Zusammenschluss der „militärischen Vereine der Landherrenschaft Bergedorf“ scheint allerdings nicht vollzogen worden zu sein; zumindest ist dies seine einzige Nennung in dieser Zeitung. Die im Artikel aufgeführten geplanten Aktivitäten des Militärvereins Germania sind typisch für all diese Vereine:

• die Beteiligung an der Gedenkfeier für den verstorbenen Infanterie-General Albert Ehrenreich Gustav von Manstein, der im Krieg von 1870/71 das IX. Armeekorps befehligt hatte. Von Manstein ist in Billwerder, seinem Alterswohnsitz, begraben. Das Grabmal von Mansteins, ein über zwei Meter hoher Feldstein mit einem metallenen Bildnisrelief, steht dort nach wie vor.

• die Teilnahme am Hanseaten-Appell in Lübeck – dies bezieht sich auf das „Hanseatische“ Regiment Nr. 76, das an dem Krieg von 1870/71 teilnahm und dem zahlreiche der Vereinsmitglieder angehört haben dürften, und nicht auf die „Hanseatische Legion“ der Befreiungskriege.

• die Feier des „Sedantages“, d.h. des Sieges über Frankreich am 1. September 1870.

• die Durchführung von Schießwettbewerben.

Warnungen vor einem erneuten Krieg werden von diesen Vereinen nicht ausgegangen sein.

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Ein Fest des Gewerkschaftskartells

Bergedorfer Zeitung, 30. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 30. Juni 1914

12 Zeilen Bericht über eine Großveranstaltung des Gewerkschaftskartells – „Das Schwimmfest“ am selben Tage war der Bergedorfer Zeitung offenbar wichtiger, denn diesem widmete sie den ersten Platz unter den Lokalmeldungen und 85 Zeilen Text.
Immerhin erfahren wir, dass 22 Gewerkschaften teilnahmen, dass der „Jugendbund“ der SPD auch hier existierte, welcher Marschweg genommen und wo „in üblicher Weise“ gefeiert wurde – aber ob wirklich nicht eine einzige Rede von einem Gewerkschaftsführer gehalten wurde, über deren Inhalt zu schreiben gewesen wäre?
Die Hauptmeldung des Tages, die die gesamte Seite 1 der Bergedorfer Zeitung einnahm, war das Attentat von Sarajevo, bei dem der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie ums Leben kamen.

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Raserei von und nach Wentorf

Bergedorfer Zeitung, 27. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 27. Juni 1914

Nicht immer stießen Anordnungen der Landherrenschaft, d.h. der der Stadt übergeordneten Verwaltungsinstanz mit einem Hamburger Senator, dem „Landherrn“, an der Spitze, auf so große Zustimmung der Bergedorfer Zeitung. Die 1837 angelegte „chaussirte Poststraße“ zwischen Bergedorf und Wentorf dürfte auch schwach motorisierten Kraftfahrzeugen auf der Gefällestrecke Richtung Bergedorf beachtliche Geschwindigkeiten ermöglicht haben.

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Sport fürs Vaterland

Bergedorfer Zeitung, 20. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 20. Juni 1914

Das zehnjährige Jubiläum des Spielvereins Bergedorf gibt dem Journalisten Gelegenheit zu einem euphorischen Lob des Sports im Freien – nicht nur wegen der „Körperpflege“, die damit verbunden ist, sondern als „Kulturarbeit“, die den „vaterländischen Sinn“ stärkt und vor „vaterlandsfeindlicher Gesinnung“ schützt. Dem Sport wurde also eine gesellschaftliche und politische Aufgabe zugeschrieben, und da in jener Zeit Arbeiter unter dem Generalverdacht standen, sowieso als Sozialisten „vaterlandslose Gesellen“ zu sein, fanden sie in aller Regel keine Aufnahme in die bürgerlichen Klubs und organisierten sich in eigenen Vereinen und Dachverbänden. So erklärt sich vermutlich die Existenz des „Arbeiterturnerbunds Sande-Bergedorf“ neben dem „Sander Turnerbund von 1892“, dem „Bergedorfer Männer-Turnverein von 1860“, der „Bergedorfer Turnerschaft von 1880“, dem „Bergedorfer Fußballclub von 1902“. Die genannten Bergedorfer Vereine gingen sämtlich in der heutigen TSG Bergedorf auf.

Der Sportbetrieb wurde auch nach Kriegsbeginn fortgesetzt, allerdings wegen der Einberufungen nur eingeschränkt, geradezu als vaterländische Pflicht. Darüberhinaus bot eine Reihe von Vereinen „regelmäßige Übungen zur Ausbildung des Körpers in Vorbereitung auf den Heeresdienst“ an, wie die Bergedorfer Zeitung vom 30. August 1914 berichtete, u.a. Geländemärsche mit 15 Pfund Gepäck.

Der Schlagballsport, über den im zweiten Teil des Artikels (Artikel anklicken!) berichtet wird, war am Anfang des 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Heute ist er praktisch verschwunden, nur ein Verein in Hamburg scheint ihn noch zu betreiben, und unter den Sportarten des Hamburger Sportbunds ist er nicht aufgeführt. Der amerikanische Verwandte Baseball scheint hier das Feld übernommen zu haben.

Der Frascati-Platz, benannt nach dem früher dort stehenden Ausflugslokal Frascati war 1914 Austragungsort nahezu aller Sportveranstaltungen mit Ausnahme der wasserbezogenen Sportarten. Heute dient er als Parkplatz, Jahrmarkts- und Veranstaltungsfläche. Ein weiterer Sportplatz, der als „Spielplatz“ auch auf der Karte von 1904 verzeichnet ist, lag am (südlichen) Rand des Bergedorfer Gehölzes.

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Bergedorfs Schulen

 

Bergedorfer Zeitung, 13. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 13. Juni 1914

Die geplante Schaffung einer „Hilfsschule“ war der Bergedorfer Zeitung zwar einen ausführlichen Artikel des nur mit „M.“ bezeichneten Verfassers wert, der einiges über die Pädagogik der Zeit verrät – aber viel ausführlicher waren die Berichte über die Einweihung der neuen Hansa-Schule als Oberrealschule: die Ausgabe vom 13.06. enthält eine detaillierte Beschreibung des Schumacher-Baus, der am folgenden Tage abgedruckte Bericht über die Einweihung des Gebäudes umfasst mehr als zwei komplette Zeitungsseiten (unten die erste Seite) mit Wiedergabe der gehaltenen Reden des Schulrats, des Leiters der Hansaschule Professor Ohly, (Bergedorfs) Bürgermeister Dr. Walli, (Hamburgs) Bürgermeister von Melle – für den Architekten Prof. Schumacher blieben nur zweieinhalb Zeilen.

Die Schulen in Bergedorf, wie sich aus verschiedenen Ausgaben der Bergedorfer Zeitung ergibt, waren zu der Zeit in unterschiedlicher Trägerschaft: die drei Stadtschulen Am Brink, Brauerstraße (heute Chrysanderstraße) und Am Birkenhain (heute Spieringstraße) waren ebenso städtische Einrichtungen wie die Fortbildungsschule (für Jugendliche unter 18 Jahren). Die Hansaschule war eine „staatliche“ Schule, d.h. sie wurde aus dem Haushalt Hamburgs finanziert. Die private Luisenschule für Mädchen erhielt Ende 1914 ihre staatliche Anerkennung als Lyzeum, eine weitere private „höhere Mädchenschule“ war die Elisabethschule. Für alle Schulen musste Schulgeld gezahlt werden – die Sätze des Jahres 1912 sind dem  Adreßbuch für Bergedorf und die umliegenden Gemeinden 1912“ zu entnehmen. Die dort genannte „Warteschule“ war eine kirchliche Einrichtung für noch nicht schulpflichtige Kinder.
Die Ausgaben für die Stadtschulen lagen 1913 bei 194.153,65 Mark (16,6% der städtischen Ausgaben) und sollten 1915 auf 235.091,50 Mark (18,1%) anwachsen; 1913 betrugen die Einnahmen durch das Schulgeld 36.237,44 Mark, für 1915 wurden nur 33.234,89 Mark veranschlagt, da ab 1915 für Kinder bedürftiger Kriegsteilnehmer und Arbeitsloser kein Schulgeld zu zahlen war (Angaben aus Bergedorfer Zeitung vom 4. Oktober und 26. November 1914).

Bergedorfer Zeitung, 14. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 14. Juni 1914

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Schweine in der Stadt

Bergedorf wandelte sich zwar am Anfang des 20. Jahrhunderts, aber an der Hauptstraße des Orts lag auch ein traditioneller Viehhandel, über den wegen der ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche hier berichtet wird.

Bergedorfer Zeitung, 10. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 10. Juni 1914

Die Haltung von Hausschweinen in der Stadt (wie auch im benachbarten preußischen Sande und im zu Bergedorf gehörenden Geesthacht) war zu der Zeit nicht ungewöhnlich: man konnte Küchenabfälle verfüttern und preisgünstig seine Ernährung verbessern. Aus der am 9. Juni 1914 in der Bergedorfer Zeitung abgedruckten Schweinezählung geht hervor, dass in der Stadt in 416 Haushalten 873 Schweine gehalten wurden. Die Tiere waren fast alle jünger als ein Jahr, woraus zu schließen ist, dass man die Ferkel kaufte und mästete – nach den Kleinanzeigen aus

Bergedorfer Zeitung, 17. Mai 1914

Bergedorfer Zeitung,
17. Mai 1914

Sande und aus dem Landgebiet wurden sie immer wieder zum Kauf angeboten, gelegentlich auch bei Gasthöfen in der Stadt (Gasthof zur Sonne, Gasthof zum weißen Schwan und in Sande beim „Schwarzen Walfisch“).

Angesichts der fehlenden Abwasser-Kanalisation (siehe den Blog-Beitrag zum Blickgraben) war die Tierhaltung nicht unbedenklich, denn Meldungen über Tierseuchen (v.a. Rotlaufseuche) tauchten immer wieder auf.

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Bergedorf ändert sich

Bergedorfer Zeitung, 4. Juni 1914

Bergedorfer Zeitung, 4. Juni 1914

Der Abriss dieses Hauses ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: es war zum einen ein „Ackerbürgerhaus“, das als typisch für den historischen Bergedorfer Kern gelten kann: zwar hatte Bergedorf 1275 das (lübische) Stadtrecht erhalten, aber für viele seiner Einwohner blieb Landwirtschaft über Jahrhunderte der Haupterwerbszweig. Das hier beschriebene „Wohltorfsche Haus“ genügte aber nicht (nur?) wegen seines hohen Alters nicht mehr den Bedürfnissen und Ansprüchen der Nutzer: dass der Handel in der örtlichen Wirtschaft an Bedeutung gewonnen hatte, ist am nachträglich ins Haus gekommenen Laden zu erkennen – der Neubau dürfte vor allem für Laden- und Wohnzwecke geplant worden sein.

Der im Artikel genannte „heimatliche Geschichtsforscher Dr. Voigt“ (Johann Friedrich Voigt) publizierte seine Erkenntnisse über dieses Haus im Jahresbericht 1912/13 des „Vereins für Vierländer Kunst und Heimatkunde“, S. 23 – 25. Dort finden sich auch eine Abbildung des Hauses sowie eine Grundrisszeichnung:

Ansicht

Bemerkenswert ist dieser Abbruch auch, weil es das erste Mal war, dass ein Neubau sich an der für den Hauptstraßenzug Große Straße/Sachsenstraße (heute Sachsentor) festgelegten Baufluchtlinie ausrichten sollte und somit die moderne Stadt- und Verkehrsplanung in der wachsenden Stadt Bergedorf zur Anwendung kam.

Grundriss

Beide Abbildungen aus: Jahresbericht 1912/13 des Vereins für Vierländer Kunst und Heimatkunde (Museum für Bergedorf und die Vierlande)

 

Viele weitere Abrisse folgten in den nächsten Jahrzehnten, auch „Durchbruchstraßen“ wurden angelegt und der Stadtgraben zugeschüttet, denen zahlreiche historische Bauwerke und malerische Winkel zum Opfer fielen, wie die Abbildung im Blog-Artikel Der Blickgraben zeigt. Eine Stadtsanierung war zweifellos erforderlich, aber ein behutsames Vorgehen in kleinen Schritten war offenbar nicht das Ziel der damals Verantwortlichen.

 

 

 

 

 

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