Tanz in allen Sälen, mit Musik und Bohnerwachs

Bergedorfer Zeitung, 23. November 1918

Endlich durfte wieder öffentlich getanzt werden: eine Woche nach der Revolution in Hamburg hatte der Arbeiter- und Soldatenrat das praktisch seit Kriegsbeginn geltende Verbot von Tanzveranstaltungen aufgehoben (BZ vom 14. November), und schon am nächsten Tag kündigte Bahlmanns Gasthof auf dem Zollenspieker für den 17. November einen „großen Ball“ an, am Tag danach taten dies Lokale in Bergedorf, Sande und Geesthacht (BZ vom 15. und 16. November). Am dann folgenden Sonntag hatten die Tänzer die Qual der Wahl, wie die Inserate belegen, und für den 1. Dezember wurde noch mehr Tanzmusik bei Kränzchen, Bällen und dergleichen angeboten, wieder allein vier Mal in der Stadt Bergedorf (BZ vom 30. November).

Bergedorfer Zeitung, 2. Dezember 1918

Doch es war zunächst nur ein kurzes Vergnügen: der Hamburger und der Bergedorfer Arbeiter- und Soldatenrat setzten das Tanzverbot wieder in Kraft: der Kohlenmangel erforderte es, die Versorgung der Lebensmittel- und Verkehrsbetriebe sowie der öffentlichen Anstalten hatte Priorität, und deshalb wurde auch die Polizeistunde vorverlegt (BZ vom 30. November). Ob sich die Kohlenversorgung in der Woche danach entscheidend verbesserte oder ob es Protest gegeben hatte, berichtete die BZ nicht, aber am 7. Dezember druckte sie die Bekanntmachung, dass wieder getanzt werden durfte. Die Gastronomen hatten offenkundig vorher davon Wind bekommen, denn in derselben Ausgabe der Zeitung gab es zehn Ankündigungen von Tanzvergnügen im Raum Bergedorf (BZ vom 7. Dezember).

Bergedorfer Zeitung, 23. November 1918

Nach Jahren ohne Bohnerwachs werden die Saalböden rau und stumpf gewesen sein, was auch P. Zeyn als Problem erkannt hatte: er wandte sich an die Saalbesitzer und bot Abhilfemittel an. Vermutlich machte er dabei ein gutes Geschäft.

 

Bergedorfer Zeitung, 14. Dezember 1918

Bessere Zeiten sollten jetzt auch für die Musiker beginnen, die bei all diesen Veranstaltungen aufspielten: in einer Versammlung, zu der der „Zentralverband der Zivilmusiker Deutschlands“ eingeladen hatte (BZ vom 10. Dezember), beschlossen sie, künftig den Hamburger Tarif zu verlangen.

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