Die Kriegswechselmarken – Bergedorfs achteckiges Geld

Bergedorfer Zeitung, 25. Juni 1917

Niemals in seiner Geschichte hatte Bergedorf das Münzrecht besessen. Der Krieg änderte auch das: Eigene Bergedorfer Münzen im Gesamtwert von 40.000 Mark kamen in Umlauf, hier als „Kriegsnotgeld“ bezeichnet, um dem Kleingeldmangel abzuhelfen.

Bergedorfer Zeitung, 3. Juli 1917

Einen entsprechenden Beschluss (der allerdings die Frage von Papier- oder Metallgeld offenließ) von Bürgervertretung und Magistrat hatte es im Februar gegeben (siehe BZ vom 10. Februar 1917). Aus der Bekanntmachung vom 2. Juli 1917 geht hervor, dass man sich für achteckige Münzen (aus Rohzink) entschieden hatte, die bis Ende 1918 gültig sein sollten, und dass die „Benutzung widerrechtlich hergestellter Kriegswechselmarken“ und natürlich ihre Herstellung strafbar waren.

Bergedorfer Kriegswechselmarken 1917, Durchmesser ca. 18, 21 und 24 mm

Bergedorfer Kriegswechselmarken 1917, Wappenseiten

 

Dass es im ganzen Reich an Kleingeld fehlte, ist schon im Beitrag Bargeldlos zum siegreichen Kriegsende aufgezeigt worden, und Bergedorf stand mit seinem Notgeld nicht allein: erste Thüringer Gemeinden hatten dieses als Papiergeld schon zu Jahresbeginn eingeführt (siehe BZ vom 4. Januar 1917), Hamburg folgte mit 50-Pfennig-Scheinen im Frühjahr (die Scheine trugen das Datum 20. März, doch laut BZ vom 30. März sollten sie erst „demnächst“ ausgegeben werden), und praktisch gleichzeitig mit Bergedorf brachte die Nachbargemeinde Sande ebensolche Scheine in Verkehr (die auf den 30. März datiert waren, obwohl laut BZ die Gemeindevertretung erst am 21. April ihre Zustimmung gab).

Hamburger Wechselschein zur Aushilfe 1917, ca. 62 x 47 mm

Notgeld Sande 1917, ca. 88 x 53 mm (Rückseite unbedruckt)

 

 

 

 

 

Warum sich Bergedorf für Münzen und gegen Papier entschied, ist unklar – vielleicht spielte die Haltbarkeit eine Rolle, die aber auch bei Zinkmünzen eingeschränkt war, wie der unten wiedergegebene Artikel zeigt.

Laut Bergedorfer Zeitung vom 26. Juli 1917 war das Projekt in Bergedorf wie in Sande erfolgreich, sogar über die Grenze hinweg wurde das Geld akzeptiert, allerdings nicht von allen Händlern, und selbst Post und die Banken nahmen es an, was sie mit den 1-Pfennig-Pappmünzen der Bergedorfer Kolonialwarenhandlung von Oscar Hanitz wohl eher nicht taten.

Notgeld Oscar Hanitz 1917, Durchmesser ca. 25 mm

Hanitz war aber nicht der einzige Unternehmer, der privates Geld herstellen ließ: auch die Pulverfabrik Düneberg (10 Pfennige) und die Dynamitwerke Krümmel (5, 10 und 50 Pfennige) gaben es heraus und deckten damit vermutlich auch den Geesthachter „Markt“ ab.

Kleingeldersatzmarken der Fabriken Krümmel und Düneberg, undatiert, Durchmesser ca. 19, 21 und 20 mm

Knapp fünf Jahre nach Ende des Krieges wurde die Stadt Bergedorf erneut Herausgeber von Geld: in der Zeit der Hyperinflation aber in anderen Größenordnungen: es kamen „Gutscheine“ von 500.000 Mark bis 500 Milliarden Mark in Umlauf.

Bergedorfer Zeitung, 13. April 1917

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