Die Furien von Bergedorf und andere Gesetzesbrecher

Bergedorfer Zeitung, 23. März 1917

Einen Polizisten mit einem Schirm zu schlagen war auch vor hundert Jahren natürlich nicht erlaubt. Einen Polizisten zu beleidigen war nach dem Urteil des Bergedorfer Schöffengerichts sogar schlimmer: das wurde mit einer höheren Geldstrafe belegt.

Was hatte zwei verheiratete Frauen dazu gebracht, wie Furien verbal bzw. tätlich auf die Staatsgewalt loszugehen? Es war die miserable Versorgungslage: nur ausnahmsweise kamen Rippen zum Verkauf an die Zivilbevölkerung (siehe den Beitrag Die Fressordnung im Ersten Weltkrieg …), und entsprechend war dann der Andrang: „einige Hundert“ umfasste die wartende Menge in der Bahnstraße, und je weiter hinten man stand, umso größer wird die Sorge gewesen sein leer auszugehen und ebenso die Erregung (wie schon im Vorjahr beim Butterverkauf, siehe den Beitrag Szenen beim Butterverkauf).

Man muss sich eigentlich wundern, dass derartige Vorkommnisse nicht in jeder Woche berichtet wurden – Gesetzesverstöße waren meist Fälle von Diebstahl: Kaninchen (3x), Hühner (2x), Schweine (4x), Kartoffeln (2x), sonstige Lebensmittel (5x) und auch Textilien (4x) wurden gestohlen: im Zeitraum vom 20. bis 26. März 1917 berichtete die BZ über insgesamt derartige 23 Fälle (12 aus Bergedorf, 5 aus Geesthacht, 4 aus Sande, je einer aus Curslack und Boberg). Im Jahr zuvor hatte es im korrespondierenden Zeitraum 7 Diebstahlsmeldungen gegeben, 1915 sogar nur zwei. Auch wenn der Betrachtungszeitraum nicht repräsentativ sein sollte – die Steigerungsrate ist auffällig und spiegelt die Zunahme von Mangel und Not.

Die Aufklärungsrate bei Diebstahl und Einbruch scheint sich von der heutigen kaum unterschieden zu haben – nur in wenigen Fällen kamen Täter vor Gericht.

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