Auf ein in der Verlustliste dieses Tages genanntes Kriegsopfer soll näher eingegangen werden, da von der Familie des Gefallenen für das Blog Dokumente zur Verfügung gestellt wurden, die hier wiedergegeben sind, und da Grund zu der Vermutung besteht, dass die Benachrichtigung der Familie auch in anderen Fällen so gehandhabt wurde. Zudem war die Tragik der Familie Rieck eine besondere.
Claus Rieck, von Beruf Gemüsebauer, geboren 1879, verheiratet, drei Söhne von elf, fünf und drei Jahren, bekleidete den Rang eines Unteroffiziers, war Träger des Eisernen Kreuzes und gehörte zur 8. Kompagnie des Reserve-Infanterie-Regiments 214. Sein Kompagnieführer war ein Leutnant Seebohm – möglicherweise der Bergedorfer Amtsrichter und Leutnant der Reserve Oskar Wilhelm Seebohm (Bergedorfer Personenlexikon).
Die Mitteilung vom Tod Claus Riecks in der Nähe des belgischen Ortes Wijtschate erreichte die Familie in Kirchwärder-Sande durch einen ausführlichen Brief Seebohms, und wenn darin auch manches formelhaft klingt, so ist es doch ein individueller Brief, in dem unter anderem die Todesumstände geschildert wurden:
Schon am nächsten Tag folgte ein weiteres Schreiben des Kompagnieführers, dem der Nachlass beigefügt war und der (wie schon der erste Brief) das Mitgefühl der Kameraden Riecks zum Ausdruck brachte sowie Ort und Zeit der Beerdigung nannte: am 28. März, nachmittags 4 Uhr auf dem Waldfriedhof Wervicq-Sud (in Nordfrankreich, unmittelbar südlich des belgischen Wervik):
Auf Seebohms Schreiben folgte nur wenige Tage später ein im Ton ähnliches, in dem er Fragen beantwortete, die die Witwe Magdalena Rieck ihm in einem Brief vom 3. April gestellt hatte.
Wahrscheinlich war es wirklich ein „sofortiger Tod, ohne jede Qual“, der Claus Rieck ereilt hatte (so hieß es auch in einem weiteren Brief, diesmal von einem Kameraden Riecks, vom 16. April), und die Angaben zum „Waldfriedhof beim weißen Schloss“ sind nachprüfbar richtig (siehe eine der Internetseiten der Stadt Wervicq-Sud ) – die Grabpflege würden Kameraden übernehmen, schrieb Seebohm, und schon in einem Feldbrief aus dem Jahr 1914 war eine solche Zusage zu finden gewesen, siehe den Beitrag Beruhigende Feldbriefe. Die von der Witwe offenbar erwünschte Überführung des Leichnams in die Heimat lehnte der Kompaniechef allerdings ab, wie solche Wünsche generell abgelehnt wurden: „Abgesehen davon, daß die für das Vaterland Gefallenen am ehrenvollsten im Soldatengrab inmitten ihrer Kameraden ruhen, würde die Ausgrabung der Leiche auf das Gesamtbild des würdig angelegten Friedhofs störend wirken.“ Er wollte aber veranlassen, dass eine Fotografie der Grabstelle geschickt würde, was dann sehr bald geschah: in dem Brief eines Kameraden vom 16. April hieß es, dass Fotos beigefügt seien, auch eines mit der von Seebohm angekündigten Marmorplatte auf dem Grab, die noch 1916 durch einen großen Grabstein ergänzt wurde:
Wie ging es weiter mit der Familie Rieck? Magdalena Rieck, 38 Jahre alt, wurde am 22. Juli 1916, vormittags um fünf ein halb Uhr tot aufgefunden. Die Danksagungsanzeige der Familie belegt, dass viele um sie und mit der Familie trauerten.
Die weiteren Fotos der Grabstelle Claus Riecks (siehe Abbildung oben), die im Januar 1917 nach Kirchwärder geschickt wurden, erreichten sie nicht mehr. Die Kinder waren nun Vollwaisen. Kriegsschicksale.
Auf den Internetseiten der Stadt Wervicq-Sud und einer Internetseite des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge kann man nähere Informationen über die Kämpfe und den (später verlegten) Soldatenfriedhof erhalten. Die oben gemachten topografischen Angaben zeigen, dass die deutschen Truppen noch weit von der Küste des Ärmelkanals, ihrem Ziel in dieser Region, entfernt waren.