Bergedorfs Stadtparlament: von Friedhofskapelle und verschwundenem Speck

Bergedorfer Zeitung, 15. Januar 1916

Bergedorfer Zeitung, 15. Januar 1916

Die Berichterstattung über die Januar-Sitzung des Bergedorfer Stadtparlaments war wirklich ausführlich und umfasste mehr als eine Zeitungsspalte, die hier aus technischen Gründen in zwei Abschnitten wiedergegeben wird, und wenn auch nicht jeder Punkt der Tagesordnung gewichtig war, so waren es doch mehrere, auf die es sich lohnt einzugehen.
Nach dem schadhaften Siel im Neuen Deich befasste sich die Stadtvertretung mit der Akustik der Kapelle auf dem neuen Friedhof und bewilligte 298 Mark für Maßnahmen, die „wenigstens teilweise eine bessere Schallwirkung“ erzielen sollten. Nahezu einhundert Jahre später, im September 2015, war die Akustik dieser Kapelle erneut Thema der Kommunalpolitiker: sie befürworteten den Einbau von Mikrofon- und Lautsprecheranlage sowie „schallschluckender Lärmabsorber“.

Der Grundstücksverkauf an die Kap-Asbest-Werke an der Kampchaussee (heute Kurt-A.-Körber-Chaussee), die Änderung der den städtischen Bediensteten gezahlten Kriegsteuerungszulage (zur Einführung derselben siehe einen früheren Beitrag zu Bergedorfs Stadtparlament), die Einsetzung einer Kommission zur Beratung eines Satzungsentwurfs für einen (paritätisch besetzten) Arbeitsnachweis und die reichlich späte Abrechnung der Stadtkasse für 1913 sowie die weiteren kleinen Punkte wie die Müll- und Schuttentsorgung im Schleusengraben hätten zweifelsohne eine nähere Betrachtung verdient, aber hier soll die Aufmerksamkeit auf 2.688 Pfund Speck gerichtet werden: die waren nämlich weg.

Bergedorfer Zeitung, 15. Januar 1916

Bergedorfer Zeitung, 15. Januar 1916

Nach dem großen Schweinemord im Frühjahr 1915 hatte die Stadt Bergedorf entsprechend der Bundesratsverordnung Dauerware in Form von Speck angekauft (siehe dazu auch den Beitrag zur Abfallwirtschaft) und brachte diese Ende August 1915 in den Verkauf. Die Ware fand offenbar guten Absatz, denn am 3. November meldete die Zeitung, dass der gesamte Speck nunmehr verkauft sei – allerdings ohne zu erwähnen, dass ein ganz beträchtlicher Anteil von mehr als 13 Prozent gestohlen worden war. Die Meldung über den Diebstahl erschien erst am 15. Januar 1916 – und sie erschien wohl nur deshalb, weil der Diebstahl durch die Beratung im Stadtparlament öffentlich geworden war.

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