Petroleum, Gold und Waschseife: Not macht erfinderisch

Bergedorfer Zeitung, 22. November 1915

Bergedorfer Zeitung, 22. November 1915

Düstere Zeiten im doppelten Sinne: zwar gab es in der Stadt Bergedorf vor hundert Jahren schon elektrischen Strom und auch Gas – doch nicht jeder Haushalt konnte sich diese bequeme Art der Energieversorgung erlauben. Auf dem Lande fehlten die modernen Beleuchtungsmittel völlig, und so kamen nach wie vor vielfach Kerze, Talglicht und Petroleumlampe zum Einsatz, wenn es um die nötige Beleuchtung ging.
Petroleum war aber – wie so vieles im Krieg – knapp, und so ist es nicht überraschend, dass im November 1915 Rationierungsmaßnahmen ergriffen wurden: schon Wochen vorher hatten die Billwerder Bauern geklagt, dass sie wegen des Petroleummangels nur bei Tageslicht dreschen konnten (siehe BZ vom 6. November 1915) – nun sollten sie eine Monatsration von fünf Pfund Petroleum erhalten und hatten eventuelle Mehrbedarfe auf dem freien Markt zu decken.

Bergedorfer Zeitung, 22. Oktober 1915

Den freien Markt gab es tatsächlich, allerdings zu entsprechenden Konditionen: der Hamburger Händler F. Machunsky konterkarierte alle Versuche der Goldgeldsammlung (siehe Die Lazarett-Ausflüge – und: Goldgeld lacht) mit seiner Anzeige, dass er gegen Goldgeld auch Sonderwünsche erfüllen könnte (höchstwahrscheinlich konnten das auch andere). Wer nicht (mehr) über dieses Zahlungsmittel verfügte, könnte sich eher für den Spiritus-

Bergedorfer Zeitung, 25. Oktober 1915

Glühlichtbrenner interessiert haben, den die „Ewige Lampe“ als preisgünstige Alternative anpries (siehe BZ vom 25. Oktober 1915). Andere kreative Händler boten offenbar Koppelgeschäfte an, die prompt von den Landherrenschaften untersagt wurden, siehe die folgende Bekanntmachung. Die Platzierung der Annonce für elektrische Taschenlampen dürfte zufällig gewesen sein:

Bergedorfer Zeitung, 2. Dezember 1915

Bergedorfer Zeitung, 2. Dezember 1915

Die kurze Bekanntmachung des Bergedorfer Magistrats ist auch beachtenswert: „Heimarbeiter usw.“ sollten ihre Petroleumkarten in Empfang nehmen. Über die Gruppe der Heimarbeiter ist in der lokalhistorischen Literatur nur wenig zu finden: nach Harald Richert (S. 105 – 114) gab es sie auf jeden Fall in der Tabakverarbeitung. Hinter dem „usw.“ verbargen sich „Bedürftige ohne Strom- und Gasanschluss“, wie einer weiteren Anzeige des Magistrats zu entnehmen war (siehe BZ vom 24. November 1915).

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