Die von der Bergedorfer Zeitung abgedruckten „Feldbriefe“, d.h. Briefe von Soldaten in die Heimat, hatten überwiegend keinen Bergedorf-Bezug. Sie wurden möglicherweise von einer Nachrichtenagentur deutschlandweit verbreitet (oder aus anderen Blättern übernommen), weil sie die positive Einstellung der Leser zum Krieg bestärken sollten, indem Heldentaten Deutscher dem schlechten Charakter von Engländern, Franzosen und Russen gegenübergestellt wurden. Der hier wiedergegebene Brief eines Soldaten aus Boberg (ein Dorf westlich von Bergedorf) scheint echt, doch ob er die im eben beschriebenen Sinne erwünschte Wirkung hatte, scheint fraglich: ganze Städte und Dörfer durch Artilleriefeuer zerstört, Mensch und Tier obdachlos und vertrieben. „Selbstverständlich“ war dies das Werk der Engländer, und die Deutschen leisteten die humanitäre Hilfe – aber stärkte dies wirklich die Siegeshoffnung? Oder war nicht der Einleitungssatz geeignet, Angst vor dem Unaussprechlichen, einer Niederlage, zu erzeugen?
Die beschauliche Seite des Krieges zeigt dagegen die hier wiedergegebene Fotografie (aus Privatbesitz), die wohl in einem Feldbrief nach Bergedorf geschickt wurde: Landsturmmänner aus Bergedorf ließen in der belgischen Stadt Soignies (südwestlich von Brüssel) ein Erinnerungsbild anfertigen, das sie hübsch arrangiert vor parkähnlicher Kulisse in sauberer und vollständiger Uniform zeigt. Der anrührende Text auf der Rückseite des Fotos soll hier (ansonsten unkommentiert) wiedergegeben werden:
Soignies, 25. 10. 1914
Meine liebe, brave Ilse!
Mama schrieb von Deiner Erkältungskrankheit. Hoffentlich bist Du jetzt schon wieder ganz gesund. Schreibe mir gleich einmal, daß ich wieder ganz ruhig sein kann.
Von Herzen wünscht Dir beste Gesundheit
Dein Dich liebender
Vater